Der Diener zweier Königinnen
Michael Sturmingers Parallelslalom, erster Durchgang: Donizettis „Maria Stuarda“in München.
Früher einmal, als „Regie“in der Oper noch nicht so wichtig war, war der Premierenausstoß der Theater dementsprechend oft deutlich höher als heute. Aber selbst damals dürfte es nicht vorgekommen sein, dass ein Regisseur innerhalb von drei Tagen an zwei verschiedenen Häusern in unterschiedlichen Städten zwei Premieren herausgebracht hat.
Michael Sturminger ist ein solches Husarenstück jetzt gelungen. Vor Längerem ging er eine Bindung mit dem Münchner Gärtnerplatztheater ein, um dort Donizettis „Maria Stuarda“in Szene zu setzen. Dann kam das Angebot von den Salzburger Osterfestspielen, als Einspringer für Philipp Stölzl die Inszenierung von Puccinis „Tosca“zu übernehmen. Und plötzlich liefen eben zwei Arbeiten parallel.
Bei allem Respekt: Auch wenn es die Probendispositionen zuließen und in München eine Koregisseurin, die Choreografin und Tanzpädagogin Ricarda Regina Ludigkeit, zur Verfügung stand, musste man am Donnerstag, zwei Tage vor der Salzburger „Tosca“-Premiere, feststellen: Für Donizetti langte es nur zu Uralt-Stereotypen. Oder war das womöglich Konzept?
Im Grunde fand im Gärtnerplatztheater ein bildhaft arrangiertes Konzert in historischen Kostümen statt. Selbst wenn mit der Handlungsarmut von „Maria Stuarda“argumentiert werden könnte, dem Duell der Königinnen von England (mit funkelnder Bravour ausgestattet von Nadja Stefanoff) und Schottland (stimmbandlich eher zart, leicht und koloraturhell besaitet: Jennifer O’ Loughlin) und dem hin und her wogenden Liebeskampf des Grafen von Leicester (wendig, aber nicht ohne Krampf in die Höhe getrieben: der Tenor Lucian Krasznec): So wenig gibt Donizetti nun auch wieder nicht her.
Michael Sturminger lässt typisierte Auf- und Abtrittsmuster, händeringendes Barmen, augenrollende Leidenschaft, zeremonielles Schreiten, symmetrische Positionen und dergleichen in einem von Andreas Donhauser und Renate Martin zum Rotieren gebrachten transparenten „Kristallpalast“spielen. Aber nichts spielt sich in und zwischen den Figuren ab, der Gesang wird pur ausgestellt. Dabei würde schon allein die anspruchsvolle musikalische Anlage Ansätze einer Interpretation offerieren. Da ist dann aber auch Chefdirigent Anthony Bramall kein Partner. Er peitscht Donizetti schneidig, rasant, zackig durch, atemlos im ersten Finale, zeigt erst im 2. Akt mehr Feingefühl. Belcanto als Holzschnitt.