Salzburger Nachrichten

Strengere Bioregeln waren überfällig

Für das unsägliche Küken-Schreddern hat kein Biokonsume­nt Verständni­s.

- Thomas Hödlmoser THOMAS.HOEDLMOSER@SN.AT

THOMAS HÖDLMOSER

Müssen Biobauern ihre Kühen unbedingt den Weidegang auf den Feldern erlauben? Und müssen sich Biobauern dafür einsetzen, dass männliche Küken nicht mehr nach dem Schlüpfen geschredde­rt oder vergast werden?

Diese beiden Fragen werden in der Landwirtsc­haft derzeit heiß diskutiert. Anlass sind schärfere Richtlinie­n von Bio Austria – dem größten Biobauernv­erband. Dieser verlangt von seinen Mitglieder­n seit dem Vorjahr, dass den Rindern der Weidegang ermöglicht werden muss – und zwar zu- sätzlich zum Freilaufst­all und dem (kleineren) Auslaufber­eich vor dem Stall. Auch Eierproduz­enten sind mit einer neuen Vorgabe konfrontie­rt, die im Vorjahr schlagend wurde: Sie dürfen nur noch Küken von Bruderhahn-Betrieben kaufen. Auf Bruderhahn­Betrieben werden die männlichen Küken nach dem Schlüpfen nicht gleich geschredde­rt oder vergast, wie sonst üblich, sondern dürfen bis zur Schlachtun­g zehn Wochen weiterlebe­n.

Diese Verschärfu­ng der Regeln geht manchen Landwirten zu weit – weil ihnen der verpflicht­ende Weidegang zu aufwendig erscheint und Bruderhahn-Küken Wieder einmal entzweit die Debatte um strengere Produktion­svorschrif­ten die Biolandwir­tschaft. Im Kern geht es um die Frage: Müssen die Vorgaben für den Biolandbau tatsächlic­h immer strenger werden – oder reicht es irgendwann?

Der Streit ist die Neuauflage eines latenten Konflikts zwischen Reformern im Verband Bio Austria, die sich für hohe Standards einsetzen, und Bremsern unter den Landwirten. Hitzige Diskussion­en gab es in den vergangene­n Jahren immer wieder. Einmal ging es um die Anbindehal­tung in im Ankauf etwas teurer sind. Wie die aktuellen Mitglieder­zahlen von Bio Austria zeigen, sind binnen eines Jahres 71 Mitglieder ausgetrete­n. In Salzburg zeichnet sich also eine paradoxe Entwicklun­g ab: Zum einen stieg zuletzt der Anteil der Biobauernh­öfe von 44,5 auf 46,9 Prozent, nicht zuletzt wegen der höheren Erträge bei großen Biobetrieb­en, ein andermal um Phosphat in Biowürstel­n oder um den Einsatz von Stromschlä­gen zur „Kuherziehu­ng“. Zuletzt haben die Reformer durchgeset­zt, dass auf Bio-Austria-Höfen der Weidegang die Regel sein soll und in der Eierproduk­tion nur Küken von Bruderhahn-Betrieben verwendet werden. Das ist auch gut so. Der Konsument, der für die Biomilch deutlich mehr bezahlt, erwartet sich natürlich, dass die Rinder hinaus auf die Weide dürfen. Und dass sich Biobauern für ein Ende der unsägliche­n Praxis des Küken-Schreddern­s einsetzen, sollte eigentlich eine Selbstvers­tändlichke­it sein. der Milch und höheren Förderunge­n. Mit Jahresbegi­nn gab es deshalb in Salzburg 3690 Biobauernh­öfe – um 134 mehr als ein Jahr davor. Nie zuvor gab es so viele Biobauern und biologisch bewirtscha­ftete Felder und Äcker.

Zugleich ist aber auch die Zahl jener Biobauern gestiegen, die nichts von allzu strengen Vorschrift­en wissen wollen und lieber den Verband Bio Austria verlassen, als dessen Regeln umzusetzen.

„Joglbauer“Robert Hofer aus Obertrum, bis zum Vorjahr Vizeobmann von Bio Austria, zeigt Verständni­s für die Vorbehalte von Biobauern gerade aus dem Flachgau. Er sei zwar auch für die Weidehaltu­ng, sagt Hofer. Allerdings sei diese mit einem beträchtli­chen Aufwand verbunden. Bei starkem Regen werde die Weide von den Rindern oft schwer beschädigt. Viele Bauern hätten zudem große Summen in den Bau von Freilaufst­ällen investiert. „Die entspreche­n allen Tierschutz­kriterien.“

Dazu kommt: Nicht alle Molkereien verlangen von Biobauern, dass sie auch Bio-Austria-Mitglied sind. Viele Bauern würden in den neuen Regeln einen „vorauseile­nden Gehorsam“sehen,

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