Mehr Geld für Forschung, die im Alltag greift
Digitalisierung, Betreuung von Demenzkranken oder Lehrlingsausbildung – Fachhochschulen forschen für ganz konkrete Anwendungen.
SALZBURG. Die österreichischen Fachhochschulen (FH) lieferten am Mittwoch an der FH Salzburg einen Nachweis ihrer vielfältigen angewandten Forschung. 200 Autorinnen und Autoren haben mehr als 150 Projekte eingereicht, 83 wurden beim 12. FH-Forschungsforum am Campus Puch-Urstein präsentiert. Im Bereich der Spitzenforschung stellte u. a. die Fachhochschule Krems die Grundlagen für eine personalisierte Musiktherapie vor. Die Fachhochschule Vorarlberg zeigte angewandtes wissenschaftliches Rechnen in der Energiewirtschaft, Finanzwirtschaft und Logistik. An diesem Beispiel erläutert die Forschungskoordinatorin der FH Salzburg, Carmen Wageneder-Schmid, die Stoßrichtung der Forschung an Fachhochschulen. „Es handelt sich bei diesem Projekt um hochkomplexe mathematische Aufgaben mit vielen Variablen, die eine extrem hohe Rechenleistung erfordern. Akademische Lösungen dafür gibt es. Aber die FH Vorarlberg setzte sich zum Ziel, diese Mathematik konkret an die Nutzer zu bringen.“
Ähnlich praxisorientiert ist das Projekt des Instituts für soziale Inklusion der FH St. Pölten. Diese hat sich der Frage gewidmet, wie Lehrlinge nach ihrer Ausbildung im Betrieb gehalten werden können. Auftraggeber war die Strabag. In enger Zusammenarbeit mit dem Unternehmen wurden Strategien dafür erarbeitet, wie bei den Lehrlingen ein spezifisches Zugehörigkeitsgefühl zu ihrem Ausbildungsbetrieb entstehen und wachsen könne.
Das Alternsforschungszentrum der FH Kärnten hat gemeinsam mit der Marktgemeinde Moosburg ein Modell für eine „demenzfreundliche Gemeinde“erarbeitet. Das Ziel war, die betreuenden Angehörigen durch mehr öffentliche Unterstützung zu entlasten und die betroffenen Patientinnen und Patienten in das soziale und gemeinschaftliche Leben der Gemeinde zu integrieren.
Wenn Wissenschaftsminister Heinz Faßmann heute, Donnerstag, zum Forschungsforum kommt, werden ihm nicht nur diese Ergebnisse der FH-Forschung präsentiert, sondern auch die damit verbundenen Forderungen. Der Präsident der Österreichischen Fachhochschulkonferenz, Raimund Ribitsch, sagte dazu am Mittwoch: „Die Fachhochschulen haben für die Forschung alles andere als angemessene Rahmenbedingungen. Daher kann auch unser Potenzial für die angewandte Forschung bei Weitem nicht genutzt werden.“
Dringlichstes Anliegen sei ein Fachhochschul-Entwicklungsplan 2019 bis 2023. „Für die Forschung geht es dabei um jährlich 50 Millionen Euro“, sagte Ribitsch. „Wir erwarten, dass die öffentliche Hand 40 Prozent der Forschung an Fachhochschulen finanziert. 60 Prozent bringen wir selbst durch Drittmittel aus der Wirtschaft auf.“Notwendig seien auch Doktoratsprogramme, die von außen geprüft werden sollen. „Wir stellen uns gern dem Qualitätswettbewerb“, sagte Ribitsch. „Aber wir wehren uns dagegen, dass nur das Türschild ,FH‘ oder ,Universität‘ darüber entscheidet, ob Doktoratsstudien angeboten werden dürfen oder nicht.“