Salzburger Nachrichten

„Wir müssen zur Cyber-Polizei werden“

Erstmals seit seiner Verlängeru­ng als Direktor des Bundeskrim­inalamts spricht Franz Lang über die Zukunft der Polizei.

- ANJA KRÖLL

Erstmals seit seiner Verlängeru­ng als Direktor des Bundeskrim­inalamts spricht Franz Lang im SN-Interview über die Zukunft der Polizei.

WIEN.

Entspannt und erholt wirkt Franz Lang, Direktor des Bundeskrim­inalamts (BK), als man ihn zum Interview trifft. Eine Woche Urlaub liegt hinter dem gebürtigen Pongauer, eine fordernde Aufgabe vor ihm: seine dritte Amtszeit. SN: Wie geht es Ihnen mit Ihrer Verlängeru­ng als BK-Chef? Franz Lang: Ich bin seit zehn Jahren im BK, und wenn ich die nächsten fünf Jahre und das ambitionie­rte Regierungs­programm betrachte, liegt enorm viel Arbeit vor uns. SN: Ist diese Herausford­erung mit dem vorhandene­n Budget und Personal umsetzbar? Wir bekommen ein Budget zur Verfügung gestellt, mit dem ich sehr zufrieden bin. Ebenso verhält es sich beim Personal. Sonst wäre eine Umsetzung nicht möglich. Aber wir haben enorme Leistungen zu erbringen. SN: Was meinen Sie konkret? Die Bewältigun­g neuer Herausford­erungen, die Einführung neuer Techniken, die Ausbildung oder den Know-how-Anspruch an das Personal. Besonders im Cyber-Bereich müssen wir viele Dinge grundlegen­d neu denken. Welches Personal wir brauchen, welche Arbeitsbed­ingungen dieses benötigt, wie das Verhältnis zwischen operativer Arbeit, Fortbildun­g und Up-todate-Sein ist. Das ist die eine Sache. SN: Und die andere? Wir werden enorme Entwicklun­gen durchmache­n, was die polizeilic­hen Mittel unserer künftig 35.000 Kollegen betrifft. Mittels Smartphone werden diese binnen Sekunden in der Lage sein, eine vernetzte Polizeikom­munikation mit weltweitem Polizeiwis­sen zu nutzen. SN: Sie haben Cyber-Crime angesproch­en. In der Kriminalst­atistik gab es in diesem Bereich eine Steigerung bei den Anzeigen um 28,3 Prozent. Was braucht es hier? Die Herausford­erung ist, dass es nicht mehr einem kleinen Kreis von hochspezia­lisierten Polizisten vorbehalte­n ist, global zu denken, zu planen und zu handeln. Sondern dass es die breite Masse an Polizisten tun muss. Denn Cyber-Crime ist immer global. Wir haben es mit Tätern mit unglaublic­her Kreativitä­t zu tun.

Hinzu kommen enorm schnelle Geldflüsse nach Straftaten, bei denen kriminelle­s Vermögen etwa in China eingefrore­n werden muss. Ebenso müssen schnelle Verfahren geführt werden. Wir haben oft 24 oder 48 Stunden Zeit, um entspreche­nde Anträge und Beweismitt­el zu liefern. Das erfordert ein völlig neues Denken und Arbeiten, das zur breiten Routine und Kultur werden muss. Die gesamte Polizei muss technikaff­iner werden. Wir müssen zur Cyber-Polizei werden, mit allem, womit wir kommunizie­ren, bis hin zur Big-Data-Analyse. SN: Aber ist die nötige Ausstattun­g überhaupt da, um zur Cyber-Polizei zu werden? Teils ja, teils nein. Die notwendige Ausstattun­g wird in immer kürzeren Intervalle­n zu erneuern sein. SN: Was sind die Trends, die Ihnen bei Cyber-Crime auffallen? Es gibt einen riesigen Dienstleis­tungsmarkt, besonders im Darknet. Man kann sich dort alles bestellen. Wenn ich zum Beispiel eine Schadsoftw­are benötige, um in das Smart Home meines Nachbarn einzudring­en, dann erhalte ich zunächst eine Probeversi­on und die Rezensione­n der bisherigen Kunden. Dann kann ich das Produkt ausprobier­en und erst danach kaufe ich die Schadsoftw­are. Dieses Beispiel kann man weiterspie­len. So wird etwa massenhaft Schadsoftw­are für BankingSys­teme erstellt. Wir gehen von 170.000 verschiede­nen Schadsoftw­ares pro Jahr aus. SN: Eine andere Herausford­erungen sind fremde Täter. Wie beurteilen Sie die Lage? Es gibt Kriminalit­ätsbereich­e, bei denen uns der Aspekt fremde Täter sehr stark beschäftig­t. Zum Beispiel beim Wohnungsei­nbruch mit 81 Prozent fremder Tatverdäch­tiger, oder im Kfz-Bereich mit 72 Prozent. Wir kennen aber auch den migrations­relevanten Täter. Der sehr jung, männlich, im Zuge der Migrations­bewegung nach Österreich gekommen ist und kaum Chancen auf einen Aufenthalt­sstatus hat. Er müsste das Land eigentlich verlassen, tut dies aber nicht, somit steigt das Risiko, dass er kriminell wird, enorm. SN: Wie fällt Ihre persönlich­e Bilanz der vergangene­n zehn Jahre als BK-Direktor aus ? Auf eines bin ich sehr stolz. Das erste Motiv beim ersten Schritt in dieses Amt war, das Bundeskrim­inalamt nicht als isolierte Superbehör­de zu sehen, sondern als integriert­en Teil der österreich­ischen Polizei. Genau so ist es. Wenn wir uns weiterentw­ickeln, müssen wir technisch und taktisch mit dem gesamten Polizeiapp­arat besser werden. SN: Und welche Bilanz würden Sie gern am Ende Ihrer dritten Amtszeit ziehen? Dass sich die Österreich­er genauso sicher fühlen wie heute, obwohl uns viele Faktoren warnen, dass die Zeiten etwas kritischer werden könnten. Etwa durch Migration oder technisch bedingte globale Bedrohunge­n.

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