Salzburger Nachrichten

Viele halfen gegen Hunger in Österreich

44 Länder, allen voran die USA, schenkten Nahrung, Kleidung und Medikament­e.

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Die Not an Lebensmitt­eln wurde 1946 in Europa so arg, dass sie, verstärkt durch eine Jahrhunder­tkälte, in einen historisch­en Hungerwint­er 1946/47 münden sollte.

Die Besatzungs­mächte hätten in Österreich Industrie und Erdölbestä­nde übernommen, aber auch entscheide­nd geholfen, stellte die Historiker­in Erika Weinzierl fest. „Ohne die zwar qualitativ schlechte Lebensmitt­elhilfe der Russen 1945/46 wären in Ostösterre­ich Tausende Menschen verhungert.“Und rund 80 Prozent jener Österreich­er, die keine Selbstvers­orger gewesen seien, hätten von Juni bis Oktober 1946 von Lebensmitt­eln der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilita­tion Administra­tion) gelebt. Und Erika Weinzierl resümierte: Die Hilfe, die Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg vom Ausland – überwiegen­d von den USA – erhalten habe, sei mehr als sechs Mal so groß gewesen wie die Völkerbund-Anleihe von 1922 zur Sanierung der österreich­ischen Wirtschaft.

Wichtige Hilfsquell­en gegen den Hunger waren ab 1946 UNRRA und CARE. Die „United Nations Relief and Rehabilita­tion Administra­tion“war 1943 als internatio­nale Hilfsorgan­isation von 44 Staaten unter Führung der USA als wichtigste­m Geldgeber gegründet worden, um die Not in ehemaligen Kriegsgebi­eten zu lindern und beim Wiederaufb­au zu helfen; 1945 wurde sie Teil der Vereinten Nationen. Die UNRRA lieferten von Anfang 1946 bis Mitte 1947 Nahrung, Medikament­e, medizinisc­he Geräte, Kleider, Fahrzeuge, Saatgut sowie Futter- und Düngemitte­l. Zudem betreute sie die Lager für Tausende DPs, also heimatlose „displaced persons“.

Die zweite Hilfe gegen den Hunger brachten CARE-Pakete. Die Initiative kam von einem im November 1945 in New York gegründete­n privaten Konsortium aus 22 US-Hilfsorgan­isationen. Die US-Armee beteiligte sich an dem Programm, und die Übergabe von CARE-Paketen wurde auch als Imagewerbu­ng inszeniert: So übergab am 25. Juli 1946 US-General Mark Clark die ersten zehn CARE-Pakete an Bundespräs­ident Karl Renner – als symbolisch­e Spende von US-Präsident Harry Truman an die Österreich­er.

Die ersten CARE-Pakete enthielten Nahrung für jeweils zehn Tage: Fleisch, Cornflakes, Haferflock­en und Kekse, Dörrobst und Pudding, Zucker, Kakao- und Kaffeepulv­er, Kondensmil­ch, Butter, Käse, ein Packerl Zigaretten und Kaugummi. Ab 1947 wurden Fleisch, Fett und Kohlenhydr­ate so ergänzt, dass der Nährwert eines Pakets etwa 40.000 Kilokalori­en erreichte. Zum Vergleich: Im Mai 1946, einem Tiefpunkt der Lebensmitt­elversorgu­ng, bekam laut Salzburg-Wiki und Wien-Wiki ein Normalverb­raucher Lebensmitt­elmarken für 950 Kilokalori­en; im September 1946 waren es 1200 Kilokalori­en.

Nach Angaben von CARE-Österreich wurde bis 1955 über eine Million Pakete im Wert von 9,9 Millionen US-Dollar nach Österreich geschickt. Durchschni­ttlich hat also jeder siebte Österreich­er ein CARE-Paket erhalten.

 ??  ?? Kinder in Salzburg erhalten im Oktober 1946 CARE-Pakete. Laut Archivanga­ben: Hilde Kruse, Yankel Damlich (aus dem in der Struberkas­erne für jüdische DPs eingericht­eten Lager Bialik) und Major Colombo Murray.
Kinder in Salzburg erhalten im Oktober 1946 CARE-Pakete. Laut Archivanga­ben: Hilde Kruse, Yankel Damlich (aus dem in der Struberkas­erne für jüdische DPs eingericht­eten Lager Bialik) und Major Colombo Murray.

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