Aserbaidschan hielt eine Scheinwahl für Europa ab
Einmal Präsident, immer Präsident? Bei den Wahlen in Aserbaidschan wird die Macht der Familie Alijew zementiert.
Jamal Ali will seine Zukunft selbst bestimmen. Er will tun, was er für richtig hält, und er will sagen, was er meint. Auch, dass er den aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew für einen Diktator hält. Das wurde ihm zum Verhängnis. Denn der Herrscher, der die Macht 2003 von seinem Vater übernahm und damit Probleme wie den Berg-Karabach-Konflikt, mag keine Kritik. Vielmehr will Alijew zeigen, wie modern, demokratisch, ja europäisch sein Land ist. Da stören Menschen wie Ali.
Um einer Haftstrafe als politischer Gefangener zu entgehen, floh der Musiker nach Berlin. Seit sechs Jahren lebt er dort und arbeitet für den aserbaidschanischen Exil-Sender Meydan TV. Journalisten, die in seiner Heimat die Regierung kritisieren, haben oft mit Prozessen wegen Steuerhinterziehung oder Drogendelikten zu kämpfen. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen stand Aserbaidschan 2017 auf Platz 162 von 180.
Am Mittwoch hatte sich Alijew ersten Prognosen am Abend zufolge für weitere sieben Jahre zum Präsidenten wählen lassen. Zur Wahl standen zwar acht Kandidaten, es gab aber keinen Wahlkampf. „Die Wahl inszeniert er nur für Europa“, sagten Ali und seine Kollegen von Meydan TV in Berlin. Der atemlose Kampf um die Zugehörigkeit zu Europa, wie beim Ausrichten des Eurovision Song Contests 2012, ist nichts anderes als das Einrichten einer Propagandabühne für einen Herrscher, der seine Macht mit viel Gas und Öl erkauft hat. Vor allem zwischen 2000 und 2010 ist viel Geld aus dem Energiesektor geflossen, die Wirtschaft wuchs durchschnittlich um mehr als 15 Prozent im Jahr. Das investierten die Alijews und ihre Günstlinge nicht zuletzt erfolgreich in die Lobbyarbeit im Westen.
2017 geriet der Europarat wegen eines Korruptionsskandals in die Schlagzeilen. „Jedes Jahr werden 50 bis 60 Abgeordnete nach Aserbaidschan eingeladen. Es gibt Geschenke, es werden Reisen finanziert, Luxushotels, Business-ClassFlüge. Teure Teppiche werden verschenkt. Prostitution wird eingesetzt“, beschreibt der Österreicher Gerald Knaus von der Denkfabrik „Europäische Stabilitätsinitiative“diese von ihm so bezeichnete „Kaviar-Diplomatie“. Auch deutsche CDU-Politiker sollen Geld des Alijew-Clans angenommen haben.
Der Europarat soll den Schutz der Menschenrechte eigentlich sichern. Mit der Käuflichkeit bewies mancher Abgeordnete aber, dass er vielmehr Regierungen schützt, die die Menschenrechte missachten.