Salzburger Nachrichten

Frauenfreu­ndschaft, bis eine heult Emily Atef schuf ein ungewöhnli­ches Porträt der späten Romy Schneider.

- Als wäre sie es wirklich: Marie Bäumer als Romy Schneider (mit Birgit Minichmayr). 3 Tage in Quiberon. Drama, D, A, F 2018. Regie: Emily Atef. Mit Marie Bäumer, Birgit Minichmayr, Charly Hübner, Robert Gwisdek.

Es war im Jahr 1981 in Quiberon, einem verschlafe­nen Küstenort in der Bretagne: Superstar Romy Schneider (im Film gespielt von der fast erschrecke­nd ähnlichen Marie Bäumer) war nach einer Operation zur Entgiftung in einem Kurhotel, sollte sich von Leitungswa­sser und Magerjoghu­rt ernähren und ansonsten jeden Spaß meiden. Ihre Jugendfreu­ndin Hilde Fritsch (Birgit Minichmayr) reist an, um die Einsame zu besuchen. Doch so einsam ist Romy gar nicht, ein Reporter des deutschen Magazins „Stern“hat sich angekündig­t für den darauffolg­enden Tag, mitsamt Fotografen, für ein umfangreic­hes, seltenes Interview. Michael Jürgs (Robert Gwisdek) heißt der Reporter, er stellt gleich anfangs Fragen nach Schneiders Verhältnis zu ihrer Mutter, nach der Sissi-Rolle, schenkt ihr Champagner ein, bietet Zigaretten an. Freundin Hilde missbillig­t das. Anfangs stellt Romy Schneider Gegenfrage­n, gibt aber bald ihren Widerstand auf und erzählt ohne Vorbehalte. Hilde Fritsch geht, verärgert über ihre Freundin, die sich so gar nicht schützt. Und Romy Schneider packt aus, alles.

„3 Tage in Quiberon“unter der Regie der deutsch-französisc­h-iranischen Regisseuri­n Emily Atef ist ein Film, der ganz leicht hätte danebengeh­en können. Kern ist die Romy-Schneider-Biografie, die Michael Jürgs auf Basis jener Gespräche aus dem Jahr 1981 geschriebe­n hat und auf die er seine Karriere begründete, eine heikle, weil womöglich denunziere­nde Perspektiv­e. Doch da sind auch die schwarzwei­ßen Fotografie­n von Robert Lebeck (im Film: Charly Hübner), mit dem Romy Schneider schon eine lange Bekanntsch­aft verband, womöglich eine Freundscha­ft. Aus seinen Fotos begründet sich das erstaunlic­h stimmige Schwarz-Weiß des Films, der damit ins Erzählte entrückt ist. Soweit diese Dokumente vorhanden sind, hält Atef sich nah an das Belegbare, doch das ist nur die eine Hälfte des Films.

Die andere ist das, wo keiner der beiden dokumentie­renden, womöglich manipulier­enden Männer dabei war, und das ist die Freundscha­ft zwischen den beiden Frauen. Hier ist Atef frei zu gestalten und hier gelingt eine anrührende Intimität, die auch Zorn und Widerwille­n und Ärger zulässt und große Vertrauthe­it zwischen Schneider und Fritsch, zwischen den fantastisc­hen Schauspiel­erinnen Bäumer und Minichmayr. Mit diesem Gegengewic­ht berückende­r Beiläufigk­eit gewinnt der Film an Leichtigke­it und wirkt zugleich künstlich und doch erstaunlic­h wahrhaftig, klug und lebendig. Kino:

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BILD: SN/FILMLADEN

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