Facebooken für ein paar Dollar
Die US-Senatoren landeten kaum Treffer bei der Anhörung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Dennoch zeigte die Befragung eine mögliche Wende im Geschäftsmodell des Online-Netzwerks.
Es war ein kryptischer Nebensatz bei der Anhörung von Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor dem US-Senat in dieser Woche. „Es wird immer eine kostenlose Version von Facebook geben“, sagte er und deutete mit dieser Wortwahl Alternativen an. Bekommt das weltgrößte OnlineNetzwerk nach dem Datenskandal eine eigene Bezahlvariante ohne Werbung? Raum für Spekulationen ist gegeben. Es kann vermutet werden, dass Facebook derzeit alle Finanzierungsmöglichkeiten auslotet, um den Fortbestand des sozialen Netzwerks auf Dauer zu sichern.
Noch wortkarger gab sich Mark Zuckerberg nur bei der Befragung durch US-Senator Dick Durbin. „Mister Zuckerberg, würden Sie sich wohl damit fühlen, uns mitzuteilen, in welchem Hotel Sie die vergangene Nacht verbracht haben?“, fragte der 73-jährige Demokrat aus Illinois in der zweiten Stunde der Anhörung zum aktuellen Datenskandal. „Um ... Äh ...“, entgegnete der überraschte Tech-Milliardär und schien kurz zu überlegen, ob er die Frage beantworten soll, bevor er sie vorsichtig lächelnd mit einem „Nein“quittierte. Dann aber vielleicht die Namen der Leute, denen er diese Woche Kurzmitteilungen geschrieben habe, hakte Durbin nach. „Nein, Senator, ich würde wahrscheinlich bevorzugen, das nicht hier in aller Öffentlichkeit zu tun“, entgegnete Zuckerberg mit leicht gereiztem Unterton.
„Ich denke, das zeigt, worum es hier eigentlich geht“, resümierte Durbin. Es war einer der lebendigeren Momente in einer insgesamt fünfstündigen Sitzung, in der mehr als 40 Senatoren den 33-jährigen Facebook-Chef hart rannehmen wollten. Sie wurden allerdings oft von ihrem lückenhaften Wissen über Funktionsweise und Geschäftsmodell von Facebook ausgebremst – und Zuckerbergs gut choreografierten Ausweichmanövern.
„Mein Team wird sich bei Ihnen melden“, vertröstete Zuckerberg die Senatoren mehr als ein Dutzend Mal. Zum Beispiel, als es um die Frage ging, ob Facebook weiter Daten über die Aktivität der Nutzer sammle, nachdem sie sich auf einem Gerät ausgeloggt hätten. Es war aber auch sein Hintertürchen, um mancher wirr oder unverständlich formulierten Frage konfliktfrei aus dem Weg zu gehen. Bei anderen fragte er eiskalt nach, was eigentlich gemeint sei – und einige Politiker, die offensichtlich Fragen von ihren in Online-Dingen versierteren Mitarbeitern haben aufschreiben lassen, gerieten ins Trudeln.
Zuckerberg galt lang als jemand, der nicht so gut mit dem Druck kontroverser Fragen in der Öffentlichkeit klarkommt. Eine Eigenschaft, die er womöglich noch öfter unter Beweis stellen muss. Denn EU-Justizkommissarin Věra Jourová hat sofort nach der Anhörung im US-Senat auch ein solches Hearing in Europa gefordert. „Ich hätte viele andere Fragen an ihn gehabt“, sagte Jourová am Mittwoch in Brüssel. Zuckerberg sollte auch europäischen Gesetzgebern die Möglichkeit zu einer Aussprache geben.
Facebook beschäftige die EUKommisison derzeit in dreifacher Hinsicht, sagte Jourová. Der Datenskandal um Cambridge Analytica dürfe sich in keinem EU-Land wiederholen. Die neue Datenschutz-Grundverordnung der EU werde diesbezüglich funktionieren, zeigte sich die EU-Kommissarin überzeugt.
Weiterere Aspekte des Facebook-Skandals seien Fake News und die Einmischung in Wahlen durch Facebook-Kampagnen. Diesbezüglich müsse die EUKommission noch mehr wissen. Sie wolle am 25. April mit Vertretern der Wahlkommissionen der EU-Staaten in Brüssel im Vorfeld der nächsten Europawahlen 2019 diskutieren, ob die EU-Staaten rechtlich ausgestattet seien, um mit dem Problem der Wahlmanipulation auch umgehen zu können. „Das ist eine neue Situation“.