Wein & Co sondiert den Markt
Nach harten Sanierungsschritten sprüht der Gründer der Weinhandelskette, Heinz Kammerer, vor Optimismus. Der 70-Jährige erklärt, warum er zum 25-Jahr-Jubiläum auf junge Kunden setzt.
WIEN. Heinz Kammerer sammelt seit vier Jahrzehnten Wein. Vor 25 Jahren begann der Kaufmann mit einem Konzept, das bis heute weltweit einzigartig ist. Er hat mit Wein & Co eine Art Supermarkt für Wein erfunden. Den Ausdruck mag Kammerer nicht so gern, der 70-jährige Wiener spricht lieber von einem „niederschwelligen Fachgeschäft“. Seit 2015, nach seiner Rückkehr als Geschäftsführer, hat Kammerer in seiner Firma wahrscheinlich mehr verändert als viele Jahre davor.
Es wurden einige Filialen geschlossen, das Onlinegeschäft stark ausgebaut, die Logistik wurde komplett ausgelagert und bei der Gastronomie (an sieben von 20 Standorten) geht es ebenfalls in diese Richtung. Aber der Reihe nach.
Im laufenden Geschäftsjahr (Oktober bis September) werde es erstmals nach Jahren wieder einen Gewinn geben, sagt Kammerer. Jetzt zum Halbjahr wisse man schon viel, aber die Höhe hänge vom Sommer ab. Sei es zu heiß, schmälere das das Geschäft mit dem Wein, das könne schon eine Million Euro Umsatz ausmachen und das Ergebnis um eine halbe Million verschlechtern. Umgekehrt habe man den Frost in Wien im Februar gespürt, denn „die Leute gingen nicht hinaus und wir konnten nichts verschicken“.
Pro Jahr setzt Wein & Co gut 50 Millionen (inklusive Mehrwertsteuer) um. Die Kooperation mit Merkur-Märkten sei beendet worden, weil das mit dem Personal der Handelskette nicht funktioniert habe. Zudem hätten auch Kunden etwa ihren Jahresbonus beim Weinhändler im Supermarkt einlösen wollen.
Die Logistik wurde an die Deutsche-Bahn-Tochter DB Schenker ausgelagert. Wein & Co hat also kein eigenes Lager mehr. Die Personalkosten sanken um 20 Prozent, statt 320 gibt es 250 Mitarbeiter. „Wir sind Weinexperten und kennen uns beim Marketing aus“, darauf konzentriere man sich. Der Kunde erwarte bei Wein & Co etwas Besonderes, „wir sind nicht Billa oder Spar.“Der Onlinehandel mache schon 15 Prozent aus, gleich hoch ist der Anteil der Gastronomie (dabei wiederum zwei Drittel Wein). Im Marketing setze er jetzt stark auf soziale Medien, um junge Kunden zu erreichen. Kammerer: „Wenn wir der Weinhändler ihrer Eltern bleiben, haben wir verloren.“
Seit Jahren bekommt Kammerer regelmäßig Kaufangebote. Jetzt lässt er die internationalen Interessenten von der Investmentbank Credit Suisse „abklopfen, wie ernst das ist“, sagt er. Aber er habe keinen Druck. Er wolle nach den Reformen jetzt eine Zeit lang zeigen, wie gut das Konzept funktioniere, und den Verkauf „in einem günstigen Moment machen“. Der einzige bekannte Interessent ist Hawesko, der größte deutsche Weinhändler. Der ist börsenotiert und musste das deshalb im Jänner veröffentlichen.
Bei der Gastronomie verhandelt Kammerer ebenfalls mit Interessenten. Als Vorbild diene Dirk Jubke in Graz, der als Pächter in der Filiale am Joanneumring erfolgreich sei. „Wir haben eine sehr gute Küche, aber dem Weinhändler glaubt man das nicht“, so beschreibt Kammerer das Dilemma. Einen Perserteppich im Möbeldiskont zu verkaufen funktioniere ja auch nicht.
Seit dem Start 1993 habe sich die Lage extrem verändert. Dafür sei ein guter Wein heute normal, „der fast religiöse Ernst, mit dem das zelebriert wurde, ist nicht mehr da. Wir haben immer gesagt: Gut ist der Wein, der dir schmeckt.“