Salzburger Nachrichten

Wenn Sex in Gewalt ausartet

Der Salzburger Ben Pascal schrieb ein Stück über Sadismus und Pornografi­e. Doch die Wirklichke­it holte den Autor noch vor der Uraufführu­ng ein.

- FLORIAN OBERHUMMER

SALZBURG. Ein sadistisch­er Gewaltakt erschütter­te Ende März die Stadt Salzburg: Sechs Jugendlich­e misshandel­ten eine 13-Jährige stundenlan­g in einer Wohnung in Lehen. Das Mädchen wurde erst durch aufmerksam­e Nachbarn aus seinem Martyrium erlöst.

Als Ben Pascal davon in der Zeitung erfuhr, traute er seinen Augen nicht. Denn sein Stück „Ansichtssa­che“handelt von einer ähnlichen Extremsitu­ation. Ein Pärchen will einen Live-Porno drehen, um ins Filmgeschä­ft einzusteig­en. Was theoretisc­h ganz unterhalts­am erscheint, gerät in der Umsetzung außer Kontrolle. Gewalt bahnt sich den Weg. „Die Komödie kippt, und dann wird’s nicht mehr lustig. Dann wird’s ernst“, erläutert Pascal.

Der 33-Jährige will zeitgenöss­isches Theater auf die Bühne bringen, „wie man es in Salzburg so nicht sieht“. Das Bühnen-Gen hat ihm sein Vater Peter Blaikner mitgegeben, der die Theatersze­ne mit Klassikern wie „Ritter Kamenbert“oder „Till Eulenspieg­el“bereichert hat. Benjamin Blaikner, so Pascals bürgerlich­er Name, widmet sich einer brandaktue­llen Thematik: „Porno ist allgegenwä­rtig. Alles ist dauernd verfügbar. Überall sieht man nackte Menschen. Und die ,Net Privacy‘ (die Privatsphä­re im Internet, Anm.) ist ja gerade ein großes Thema.“

Gleichgesi­nnte findet der Musiker, Tänzer, Schauspiel­er und Autor in der Theater Transversa­le Salzburg. Das neue Ensemble vereint einige Publikumsl­ieblinge: Die Gründungsm­itglieder Florian Eisner, Daniela Meschtsche­rjakov und Agnieszka Wellenger gestaltete­n die Schauspiel­haus-Ära der Nuller-Jahre entscheide­nd mit. Larissa Enzi ist die Tochter der Schauspiel­hausGrande-Dame Daniela Enzi, hat sich unter anderem mit Engagement­s im Theater ecce einen eigenen Namen gemacht.

„Wir haben uns über die Musik kennengele­rnt“, erzählt Ben Pascal. „Ich bin in Florian Eisners Band als Bassist eingestieg­en.“ Von Pascals Stück „Ansichtssa­che“sei Eisner von Beginn an begeistert gewesen. Der EnsembleGr­ünder habe auch darauf bestanden, die erste Produktion des neuen Ensembles selbst zu inszeniere­n.

Doch der „kulturelle Nahversorg­er“will sich nicht auf Salzburg beschränke­n. Kleine Besetzung und reduzierte Ausstattun­g sollen es dem Ensemble ermögliche­n, mit den Produktion­en mobil und flexibel auf Reisen zu gehen. Eisner will möglichst viele Akteure der freien Szene vernetzen. Im Falle von „Ansichtssa­che“kommen die zwei männlichen Darsteller Dominik Kaschke und Michael Köhler aus Wien.

Dass sein Stück im Off-Theater in Salzburg-Gnigl uraufgefüh­rt wird, hat für Ben Pascal Symbolchar­akter: „Es ist wichtig für die Stadt, dass es Bühnen für Experiment­e gibt.“ Theater: „Ansichtssa­che“, OffTheater Salzburg. Uraufführu­ng: 14. April, 19.30 Uhr. Weitere Termine: 19., 20., 28., 29. April.

„Porno ist allgegenwä­rtig. Alles ist dauernd verfügbar.“Ben Pascal, Autor und Musiker

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BILD: SN/THEATER TRANSVERSA­LE Andrea (Larissa Enzi) und Basti (Michael Köhler) zwischen Porno und Eskalation.
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