Jetzt will man plötzlich den Bock zum Gärtner machen
Der Staat soll Facebook kontrollieren. Wer aber kontrolliert dann den Staat und wer kontrolliert die Kontrollore?
Der Schock über den Missbrauch persönlicher Daten durch Facebook sitzt ganz offensichtlich tief. Millionen und Abermillionen von Menschen haben dieser angeblich sozialen Plattform zum Austausch von wenig Bedeutendem und jeder Menge Banalitäten Hekatomben von Information anvertraut, die diese Firma dann ganz schamlos missbraucht hat, um damit Geld zu machen. Der Hinweis, dass ja auch Herr Zuckerberg Geschäftsmann ist und keine wohltätige Einrichtung, ist müßig. Denn das wussten ja auch alle, die jetzt über den Missbrauch ihrer Daten klagen.
Rundum ruft man jetzt nach der harten Hand des Staates. Sogar republikanische Senatoren, die sonst gar nicht heftig genug gegen den Staat wettern können, treten jetzt fast so vehement für staatliche Aufsicht über Facebook & Co. ein wie deutsche, französische oder österreichische Politiker. Staatliche Regulierung tue not, um den ungehemmten Wildwuchs des Datenhandels durch dieses Unternehmen zu bremsen oder gar zu verhindern. Verständlich, denn niemand wünscht sich, dass auch in Zukunft Wahlen und Referenden dank Facebook-Daten manipuliert werden.
Und doch beschleicht einen ein seltsames Gefühl. Erinnern Sie sich an Edward Snowden? Das ist jener Mitarbeiter des amerikanischen Lausch- und Schnüffeldienstes NSA, der Millionen von Datensätzen geklaut und an die „Washington Post“und den „Guardian“weitergegeben hat. Diese Daten belegen, in welchem Ausmaß amerikanische und britische Geheimdienste Politiker in aller Welt belauscht, bespitzelt und ausgehorcht haben. Die Aufregung war damals groß, Snowden floh nach Moskau. Dort sitzt er noch immer unter dem Schutz des Ex-KGB-Agenten Wladimir Putin, der ja für seine Beachtung der Menschenrechte ebenso bekannt ist wie dafür, dass seine Geheimdienste nie irgendwen bespitzeln, höchstens vergiften.
Nach und nach stellte sich damals heraus, dass vermutlich jeder Geheimdienst eines jeden Landes zumindest versucht, alle Welt auszuspionieren. Auch die deutschen Schlapphüte belauschten französische Politiker, wiewohl Angela Merkel behauptet hatte, Schnüffeln unter Freunden – „das geht gar nicht“.
Regierungen wollen nicht nur über andere Regierungen, sondern auch über ihre Bürger alles wissen, auch das, was sie nichts angeht. Jetzt will man „den Staat“überall zum Wächter über alle Daten und zum Kontrollor aller Kommunikation machen. Da aber alle Staaten schnüffeln, lauschen, rastern und bespitzeln, macht man den Bock zum Gärtner. Dann legt der schnüffelnde, lauschende, rasternde und spitzelnde Staat die Regeln für den Umgang mit Daten fest. Dann müsste man noch jemanden finden, der den Kontrollor kontrolliert.