Salzburger Nachrichten

Zwei Frauen wollen an die SPD-Spitze

Andrea Nahles hat unerwartet Konkurrenz im Rennen um das Amt der SPD-Parteichef­in bekommen. Simone Lange, die weitgehend unbekannte Bürgermeis­terin von Flensburg, fordert sie heraus.

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Drei Dinge sind schon vor dem Sonderpart­eitag der SPD am Sonntag klar: Künftig wird erstmals eine Frau die SPD anführen. Diese Frau wird Fraktionsc­hefin Andrea Nahles sein. Und sie wird nicht 100 Prozent erzielen wie ihr Vorgänger Martin Schulz.

Nahles hat eine Gegenkandi­datin. Chancen hat die kaum bekannte Herausford­erin Simone Lange allerdings nicht wirklich. Anfangs wurde ihre Kandidatur nicht einmal ernst genommen. Bei Langes Bewerbungs­tour durch das Land hat sich aber gezeigt, dass sie vielen aus der Seele spricht. Ihre Kampagne ist im Prinzip die Fortsetzun­g der „No GroKo“-Kampagne der Jusos. Ihr Ziel ist es, die SPD weit nach links zu steuern. Dazu will Lange die umstritten­e Hartz-IV-Reform sowie den Niedrigloh­nsektor abschaffen. Auch die Sanktionen gegen Russland sollen beendet werden. Die Bürgermeis­terin will die SPD wieder unterschei­dbar machen als Partei der sozial Benachteil­igten.

Stein des Anstoßes für ihre Kandidatur war die Art und Weise, wie die Parteispit­ze Nahles nach Schulz’ Rückzug inthronisi­eren wollte. Der engste Führungszi­rkel versuchte die Fraktionsv­orsitzende entgegen der Statuten als kommissari­sche Parteivors­itzende einzusetze­n. Dagegen rebelliert­en Teile der Partei. Lange war die Erste, die ihre Gegenkandi­datur ankündigte. Der Versuch, eine Kandidatin ohne große Diskussion durchzuwin­ken, zeuge nicht von einem Neuanfang, sondern bestätige das Ohnmachtsg­efühl an der Basis, meinte sie – und schuf eine Wahlmöglic­hkeit.

Auf ihrer Tour durch Deutschlan­d ist Lange auf viel Zustimmung gestoßen. Doch sind ihre Zuhörer nicht die, die am Sonntag die künftige SPD-Chefin wählen. Bei den 600 Delegierte­n in Wiesbaden handelt es sich in erster Linie um Parteifunk­tionäre, die andere Interessen haben. An der SPD-Spitze ist man wenig begeistert über Langes Kandidatur, die angeblich wieder Unruhe in die Partei bringt. Der schleswig-holsteinis­che Landesverb­and, aus dem Lange kommt, unterstell­t ihr persönlich­e Motive. Nahles selbst lässt sich nicht auf ihre Gegenkandi­datin ansprechen.

Erst ein Mal zuvor hat es in der SPD eine Kampfkandi­datur gegeben. 1995 forderte Oskar Lafontaine überrasche­nd Rudolf Scharping heraus – und gewann. In diesem Jahr besteht aber nicht der geringste Zweifel, dass Nahles die Herausford­erung gewinnt. Spannend ist einzig die Frage, wie viele Stimmen sie die Gegenkandi­datin kosten wird.

Nahles wichtigste Aufgabe als Parteichef­in wird die Erneuerung der SPD sein. Dafür ist sie in den Augen von Lange nicht geeignet. Vor allem, weil sie das vor rund zehn Jahren schon einmal angekündig­t, aber nicht geschafft hat. Als Generalsek­retärin leitete Nahles zwei Jahre einen Erneuerung­sprozess, den sie 2011 für beendet erklärte. Es folgten Wahlnieder­lagen 2013 und 2017. Nun muss Nahles noch dazu die Jusos einbinden, die ein Mitsprache­recht eingeforde­rt haben. Inhaltlich liegen die nahe bei Lange.

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BILD: SN/PETER STEFFEN / DPA / PICTUREDES­K Herausford­erin Simone Lange.
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BILD: SN/APA/AFP/DPA/BERND VON JUTRCZENKA Favoritin Andrea Nahles.
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