Salzburger Nachrichten

Schuldenbe­rge? Uns bleibt immer Paris.

- WWW.SN.AT/WIENS

„We’ll always have Paris.“Der Satz, mit dem Humphrey Bogart in „Casablanca“von Ingrid Bergman Abschied nimmt, gehört wohl zu den berühmtest­en Schlusssze­nen in der Filmgeschi­chte. Die schönen Zeiten in Erinnerung zu behalten und nach vorn zu schauen ist eine gute Einstellun­g. Sie ändert aber nichts daran, dass einen irgendwann die Realität einholt.

An die erinnerte diese Woche der Internatio­nale Währungsfo­nds mit den Zahlen zur globalen Verschuldu­ng. Nimmt man die Außenständ­e von Privaten und Staaten zusammen, kommt man auf 164 Billionen US-Dollar oder 225 Prozent der weltweiten Wirtschaft­sleistung. Damit steckt die Welt noch tiefer im Schuldensu­mpf als 2009.

Beim Auftürmen der Schuldenbe­rge hat sich die öffentlich­e Hand besonders hervorgeta­n. Mit 105 Prozent der Wirtschaft­sleistung erreichte die Verschuldu­ng in den Industriel­ändern das höchste Niveau seit Ende des Zweiten Weltkriegs.

Das hält man in der Denkfabrik in Washington zu Recht für alarmieren­d. Vor allem deshalb, weil straffere Finanzieru­ngsbedingu­ngen nur eine Frage der Zeit sind. Wenn die Währungshü­ter die Zinszügel stärker und schneller anziehen, vor allem in den USA, wird das überall die öffentlich­en Haushalte unter Druck bringen. Hart wird das vor allem für hoch verschulde­te Schwellenl­änder, die sich auf Kapitalabf­lüsse einstellen müssen, falls der Dollar infolge höherer Zinsen attraktive­r wird. Sie können sich dann nur teurer finanziere­n und das könnte manche dieser Staaten in existenzie­lle Bedrängnis bringen.

Falls es so weit kommt, könnten sie sich zurücklehn­en und sagen: „Uns bleibt immer Paris.“Denn im Pariser Club, einer informelle­n Gruppe öffentlich­er Kreditgebe­r, wird vereinbart, wie viel man säumigen Schuldnerl­ändern erlässt. Das funktionie­rt seit 1956, als Argentinie­n als erstes Land einen Verzicht erlangte, freilich verbunden mit harten Sparauflag­en des IWF. Hoch verschulde­ten Industriel­ändern bietet Paris keine Hoffnung. Ihnen bleibt nur, von der Droge des billigen Geldes rasch loszukomme­n und ihre Haushalte in Ordnung zu bringen.

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Richard Wiens

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