Holzkohle war gestern
Nach dem langen Winter begann die Grillsaison heuer besonders früh. Gas und Strom verdrängen Kohle dabei immer mehr. Der Fachhandel baut aus, Supermärkte und Metzger sind gerüstet.
Wenn die Frühlingssonne ins Freie lockt, wird draußen auch wieder gebrutzelt. Dieses Wochenende starten viele Österreicher in ihren Gärten, auf den Terrassen und auch auf Balkonen in die Grillsaison. Die Zeit der wackeligen Gestelle, auf denen Schweinskoteletts über Holzkohle steinhart wurden, ist längst vorbei. Passionierte Griller haben aufgerüstet. Dabei legen immer mehr Menschen Wert auf Bequemlichkeit. Gasflaschen und Elektrogriller haben die traditionelle Holzkohle zur Randerscheinung gemacht, angeblich heizt nur noch jeder Fünfte selbst die Glut an. Fachleute betonen, geschmacklich gebe es keine Unterschiede.
Der neueste Schrei beim Marktführer Weber aus den USA sind digitale Thermometerspieße, die den Grillmeister über eine Handy-App benachrichtigen, wann das Grillgut die gewünschte Temperatur erreicht hat – das ist effizient und man erspart sich das Nachschauen, aber vielleicht geht dabei auch das ursprüngliche Erlebnis beim langsamen Braten im Freien verloren. Kann ja jeder selbst entscheiden.
Jedenfalls lieben die Österreicher das Grillen. Patrick Zwolle, mit seiner Frau Andrea seit acht Jahren Inhaber des Weber Grill Stores in Salzburg: „Es gibt in Österreich zwei Millionen Grill-User, die von März oder April bis in den Oktober hinein grillen, und das bis zu vier Mal pro Woche. Das ist fantastisch für so ein kleines Land“, sagt der aus den Niederlanden stammende Unternehmer. Vor zehn Jahren hat er in Salzburg-Aiglhof mit Kochausrüstung für Profis begonnen (Garde Manger), die Griller kamen dazu und rasch wurde der Platz zu klein.
Seit April ist der Shop im kleinen Einkaufszentrum an der Wiener Bundesstraße in Hallwang (neben MPreis) geöffnet. Dort türmen sich auf über 600 Quadratmetern Dutzende Griller, vom kleinen, tragbaren Kugelgrill bis zu Standgeräten mit bis zu sechs Gasbrennern um 1700 Euro, zudem Zubehör von Räucherchips bis zu Handschuhen. Ideal für die Kurse ist überdachte Terrasse, betont Andrea Zwolle.
In Österreich gibt es mit drei Weber Shops sogar um einen mehr als in Deutschland, sagt das Ehepaar Zwolle stolz. Es funktioniere ähnlich wie ein Franchise-System. Die eigenen Geschäfte und Neuheiten wie den Elektrogrill rolle der USKonzern inzwischen sogar in Europa zuerst aus. Andrea Zwolle sagt, sie sehe einen Trend zum Zweitgrill.
Jeweils Rund 350 Quadratmeter groß sind die Grillershops in Wien, Wr. Neustadt und Graz, die 2017 von der Firma Doppler aus Wels übernommen wurden. Der größte private Tankstellenbetreiber Österreichs will mit dem Grillgeschäft die Wertschöpfungskette verlängern. Denn Doppler vertreibt auch Gas in Flaschen. Rund die Hälfte der Griller werde bereits mit Gasbetrieb verkauft, sagt Grillershop-Geschäftsführer Thomas Stimpfl. Weber-Händler Zwolle spricht sogar von mehr als 60 Prozent und auch Elektro sei stark im Kommen.
Pro Jahr würden zwischen 150.000 und 250.000 Grillgeräte in Österreich verkauft, erklärt Stimpfl. Davon entfielen rund 70 Prozent auf die Baumärkte und Lagerhäuser, rund 20 Prozent auf den Fachhandel. Die Bandbreite reicht vom Einweggrill an der Tankstelle um zehn Euro über die mittlere Preisklasse rund um 500 Euro, darüber gibt es kaum eine Grenze. Stimpfl: „Es gibt auch Outdoor-Küchen samt Wasseranschluss und Kühlbox im Wert eines Kleinwagens.“Die Grillershops sollen auch nach Westen kommen, sieben bis acht Standorte sind das Ziel. Dabei sei am wichtigsten, „dass man mit dem Auto vor die Tür fahren kann“, sagt Stimpfl.
Kochen auf dem Grillrost ist längst nicht auf Fleisch und etwas Gemüse beschränkt – so nimmt es die Trends zu vegetarischer und veganer Ernährung ebenso locker auf wie die Spezialitäten von der Steakfront oder Fisch – auf dem Grillrost hat alles Platz, sogar Desserts sind mit etwas Übung kein Problem. Für all das gibt es auch Kurse.
Nicht nur für Metzger, auch für die Handelsketten ist Grillen ein wichtiges Geschäft. „Grillen ist fast zum Statussymbol geworden“, sagt Spar-Sprecherin Nicole Berkmann. Auch hier zählt für viele Bequemlichkeit: Es gibt sogar fertige Alutassen mit geschnittenem Grillgemüse, nicht zu vergessen fleischlose Würstel oder Burgerlaibchen. Berkmann: „Grillen ist nicht nur im Sommer ein Thema. Gerüstet sind wir ab dem ersten schönen Tag und solange es warm ist.“
„Der Trend geht zum Zweit-Griller.“