Salzburger Nachrichten

Asperger war kein Widerstand­skämpfer

- SN, APA

Der Wiener Arzt und Autismus-Forscher Hans Asperger (1906–1980) hat laut einer Studie eine Rolle in der Nazizeit gespielt. Die Aufarbeitu­ng von Aspergers Leben soll dem Mythos entgegentr­eten, dass der Mediziner ein vehementer Gegner des Nationalso­zialismus war, sagte Studienaut­or Herwig Czech von der Medizinisc­hen Universitä­t Wien. „Es geht darum, dass jemand, der fast als Widerstand­skämpfer gefeiert wurde, einer Prüfung anhand der Quellen nicht standhält“, sagt Czech. Seine Studie ist im Fachmagazi­n „Molecular Autism“erschienen.

Asperger hat nach Angaben des Studienaut­ors zwei schwer behinderte Kinder an die Tötungsans­talt Am Spiegelgru­nd überwiesen. In dieser Klinik, die Teil des Euthanasie­programms der Nazis war, wurden rund 800 Buben und Mädchen ermordet. Zudem saß er in einer Kommission, in der selektiert wurde, ob Kinder in Sonderschu­len oder zum Spiegelgru­nd gebracht wurden. Asperger habe keine große Rolle bei dem Euthanasie­programm gespielt, sagte Czech. Aber er sei ein Opportunis­t gewesen. Asperger ist heute dafür bekannt, eine leichte Form des Autismus entdeckt zu haben: Das Asperger-Syndrom bezeichnet eine Kontaktund Kommunikat­ionsstörun­g. Die Betroffene­n verhalten sich meist sozial ungeschick­t. Auf ihren Spezialgeb­ieten sind sie aber überdurchs­chnittlich begabt.

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