Nach Wahltriumph hat Haslauer freie Hand bei Regierungsbildung
Die schwarz-grüne Regierung in Salzburg ist am Ende. Die Grünen verloren mehr als die Hälfte ihrer Wählerstimmen, die ÖVP landete einen Erdrutschsieg. Die Neos sind im Landtag.
Gemeinsam regiert, aber getrennt gewonnen und verloren. Die ÖVP-Grüne-Regierung in Salzburg hat im Landtag keine Mehrheit mehr. Allerdings sind die Schmerzen darüber recht unterschiedlich verteilt. Die ÖVP mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer an der Spitze triumphierte am Sonntag bei der Landtagswahl: Die Partei legte 8,8 Prozentpunkte zu und kam auf 37,8 Prozent (15 Mandate) der Stimmen. Die Grünen mit Spitzenkandidatin Astrid Rössler verloren 10,9 Prozentpunkte und erreichten nur noch 9,3 Prozent (drei Mandate). Damit erreicht die bisherige Regierungskoalition im Landtag nur noch 18 der 36 Mandate und hat keine Mehrheit mehr.
Haslauer wird es verschmerzen. Ihm stehen nur Parteien gegenüber, die alle mit ihm regieren wollen. Sowohl SPÖ als auch FPÖ, Grüne und Neos haben dies bereits kundgetan. Haslauer kündigte an, dass er mit allen Parteien Gespräche führen wird. Wobei Grüne und Neos nur dann in der Regierung sitzen werden, wenn die ÖVP bereit ist, eine Dreierkoalition einzugehen. Sonst bleiben nur SPÖ und FPÖ als Partner. Wobei sich die Begeisterung bei der ÖVP, mit zwei Partnern verhandeln zu müssen, ziemlich in Grenzen hält.
Seit Antritt der neuen Bundesregierung im vergangenen Dezember haben vier von neun Ländern ihre Landtage neu gewählt. Spektakuläre Umstürze blieben aus – und doch sieht Österreich nun anders aus als zuvor.
1. Die Landeshauptleute sind gestärkt
Von einer Krise der jeweiligen Regierungsparteien keine Spur: In jedem der vier Bundesländer – Niederösterreich, Tirol, Kärnten, Salzburg – ging der Landeshauptmann beziehungsweise die Landeshauptfrau gestärkt aus den Wahlen hervor, wobei drei Mal die ÖVP profitierte und ein Mal (Kärnten) die SPÖ. Die drei Landeshauptleute der ÖVP – Johanna Mikl-Leitner, Günther Platter und Wilfried Haslauer – bewiesen der Wiener Parteizentrale, dass ohne sie nichts läuft in der ÖVP. Denn sie erzielten Wahlergebnisse, die deutlich über jenen lagen, die Parteichef Sebastian Kurz bei der Nationalratswahl im Herbst österreichweit erreichte. Mikl-Leitner konnte in Niederösterreich sogar die absolute Mehrheit für die ÖVP sichern. Die Länderchefs der ÖVP werden bei den anstehenden Reformen, bei denen die Länder betroffen sind, wohl ein wichtiges Wort mitreden. Themen gibt es genug: Angefangen von der Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen bis zur Entflechtung der Kompetenzen von Bund und Ländern, die in den nächsten Monaten angegangen werden soll.
Auch Peter Kaiser, der SPÖ-Landeshauptmann aus Kärnten, der bei seiner Landtagswahl um mehr als zehn Prozentpunkte zulegte, ist nun eine große Nummer in seiner Partei. SPÖ-Chef Christian Kern hat es daher nun mit gleich drei mächtigen roten und selbstbewussten Landeshauptleuten zu tun, denn auch Burgenlands Hans Niessl und der künftige Wiener Bürgermeister Michael Ludwig leiden nicht an Minderwertigkeitsgefühlen.
2. Das Land rückte nach rechts
Schon bisher hatte Österreich, abgesehen von den Kreisky-Jahren, im Lauf seiner republikanischen Geschichte meist eine „rechte“Mehrheit, bestehend aus ÖVP, FPÖ und diversen rechten Kleinparteien wie dem BZÖ oder dem Team Stronach. Diese Mehrheit schlug sich aber nicht in Regierungsbildungen nieder, weil es in der Regel zu einer SPÖ-ÖVP-Regierung kam. Nicht nur bei der herbstlichen Nationalratswahl und der anschließenden schwarz-blauen Regierungsbildung, sondern auch bei den Landtagswahlen wanderte Österreich noch ein Stück weiter nach rechts. ÖVP und FPÖ konnten (Ausnahme: Kärnten) ihre Stellungen ausbauen. Zusätzlich muss in Rechnung gestellt werden, dass die ÖVP unter Sebastian Kurz „rechter“positioniert ist als zuvor unter Reinhold Mitterlehner. Auch die SPÖ ist seit dem Abgang Werner Faymanns in einem wesentlichen Politikfeld nach rechts gerückt, nämlich in der Migrationspolitik. Und bei der Abstimmung am Wiener SPÖ-Landes-
parteitag im Jänner setzte sich der als „rechts“eingestufte Michael Ludwig gegen den „Linken“Andreas Schieder durch. Insgesamt kann also von einem Rechtsruck quer durchs Bundesgebiet gesprochen werden.
3. Das Ende des Team Stronach nützte ÖVP und FPÖ
ÖVP und FPÖ waren bei der Nationalratswahl und bei den vier Landtagswahlen in Niederösterreich, Kärnten, Tirol und Salzburg auch deshalb erfolgreich, weil das Team Stronach nicht mehr antrat. Lediglich in Kärnten gab es eine Nachfolgepartei (Team Kärnten), in Salzburg versuchte der ehemalige Stronach-Mann Hans Mayr sein Glück. Durch die Auflösung der KurzzeitPartei des austrokanadischen Milliardärs waren jede Menge Wählerstimmen auf dem Markt. In Kärnten hatte das Team Stronach bei der Landtagswahl 2013 immerhin 11,3 Prozent der Wählerinnen und Wähler überzeugt, im selben Jahr waren es in Niederösterreich 9,8 Prozent, in Salzburg 8,3 Prozent und in Tirol 3,4 Prozent. Da das Team Stronach damals vor allem Wähler aus dem Mitte-rechts-Biotop abgesaugt hatte, fielen viele dieser Stimmen heuer ÖVP und FPÖ zu.
4. Die SPÖ hat sich nur teilweise konsolidiert
Die SPÖ konnte sich bei den vergangenen Wahlen nur teilweise konsolidieren. Bei der Nationalratswahl konnten die Sozialdemokraten (trotz Verlusts der Nummer-einsPosition) ihren Stimmenanteil leicht ausbauen, auch bei den Landtagswahlen in Tirol und Niederösterreich gab es leichte Gewinne, in Kärnten ein kräftiges Plus und in Salzburg nun ein deutliches Minus. Grundsätzlich profitierte die SPÖ von der Schwäche der Grünen. Diese mussten teilweise herbe Niederlagen einstecken, in Kärnten flogen sie sogar aus dem Landtag. Dass die Ökos Probleme haben, ihre Wählerschaft zu erreichen, hatte sich bereits vor der Nationalratswahl 2017 gezeigt. Die Wahlen selbst wurden dann zum grünen Debakel. Viele Stimmen wanderten zur Liste Pilz – oder zur SPÖ. Dass die SPÖ bei den Wahlen teilweise erfolgreich war, hat auch damit zu tun, dass sie in drei Bundesländern, in denen sie zulegte, bei der vorvergangenen Landtagswahl so schlecht abgeschnitten hatte, dass es dieses Jahr eigentlich nur noch aufwärtsgehen konnte. Das gestrige Debakel in Salzburg ist ein Rückschlag für die seit der Nationalratswahl in Oppositions-Depression befindliche Bundes-SPÖ.
5. Der europaweite Trend ist mit ÖVP und FPÖ
ÖVP und FPÖ liegen mit ihrer Politik im internationalen Trend, die politische Entwicklung in Österreich ist also nichts Außergewöhnliches. Auch in vielen anderen europäischen Staaten erzielten rechte Parteien gute Wahlergebnisse, etwa in den Niederlanden (Geert Wilders) oder in Deutschland (AfD). Nicht anders ist es in den Staaten des ehemaligen Ostblocks. Flücht- lingskrise und die Folgen der Eurokrise haben diesen Trend zu rechten Parteien befeuert.
6. Die Grünen im Jammertal
Für die Grünen gab es bei den vergangenen fünf Wahlen nur eine Richtung: abwärts. Sie flogen aus dem Nationalrat und in Kärnten aus dem Landtag. In ihrer Hochburg Salzburg mussten sie kräftige Verluste hinnehmen. Dass es in Niederösterreich und Tirol nur ein kleines Minus gab, ist fast schon ein Erfolg. Die Grünen werden sich einiges einfallen lassen müssen, wenn sie weiterhin eine Rolle in der österreichischen Politik spielen wollen.
7. Ein Blick in die Kristallkugel
Und was passiert jetzt? Ein Streifzug durch die jüngere Geschichte zeigt, dass Regierungen bei Zwischenwahlen gern vom Wähler abgestraft werden. Das ist nicht nur in den USA so, wo die Partei des Präsidenten regelmäßig die zwischen der Präsidentschaftswahl angesetzte Kongresswahl verliert. Sondern auch in Österreich. Man erinnere sich an die von 2000 bis 2007 währende Koalition Schwarz-Blau I: Die ÖVP feierte zu Beginn ihrer Kanzlerschaft schöne Erfolge, verlor aber in weiterer Folge zwei LH-Sessel (Salzburg 2004 und Steiermark 2005) an die SPÖ; die damals wie heute mitregierende FPÖ spaltete sich sogar in ihre Einzelteile und schrumpfte gegen Ende der Koalition zur Bedeutungslosigkeit. Kennzeichnend für Schwarz-Blau I unter Wolfgang Schüssel war nicht nur ein rasantes Reformtempo, sondern auch eine gewisse Anfälligkeit für Affären aller Art und eine erhebliche Instabilität des blauen Koalitionspartners. Ob die gegenwärtige Regierung in dieses Stimmungstief eintauchen wird, wird sich bei den nächsten Landtagswahlen weisen. Also 2020. Oder bereits in diesem Herbst. Es gibt Spekulationen, dass der neue Wiener Bürgermeister Michael Ludwig die Bürger zu den Urnen rufen will.