Das E-Bike verdrängt die anderen Räder
Das E-Bike verdrängt auf seinem Siegeszug immer mehr die anderen Fahrradmodelle. Auf dem letzten Platz der Verkaufsliste liegt das Rennrad. Als Nischenprodukt hat es allerdings stolze Preise.
Jedes dritte verkaufte Fahrrad ist bereits ein E-Bike. Es verdrängt immer mehr die anderen Fahrradmodelle. Vor allem das Rennrad fährt hinterher.
SALZBURG. Das Fahrrad erlebt einen Boom, wie es ihn lange nicht mehr gab. 440.000 Fahrräder wurden im Vorjahr in Österreich verkauft. Damit erzielte man im Jahresabstand nicht nur ein Plus von 4,5 Prozent und konnte erstmals seit 2014 wieder die magische 400.000er-Grenze knacken. 2017 war in Summe auch das erfolgreichste FahrradJahr seit 2010 für die Branche in Österreich. Der Durchschnittspreis über die gesamten Segmente betrachtet stieg im Zwei-Jahres-Abstand von 780 auf 1054 Euro, im Fahrradfachhandel von 1050 auf 1355 Euro.
Befeuert wird die Leidenschaft der Österreicher fürs Fahrrad seit bereits mehreren Jahren von der Entwicklung des E-Bikes. Mittlerweile zählt es zum Bestseller unter den Modellen. Jedes dritte verkaufte Fahrrad hat bereits einen elektrischen Antrieb, angeführt vom EMountainbike mit im Vorjahr rund 67.000 verkauften Stück und einem Marktanteil von 16,2 Prozent.
Das klassische E-Bike kam auf 53.400 Stück (12,9 Prozent Marktanteil). Und die große Dynamik werde sich, speziell beim E-Mountainbike, in den nächsten zwei, drei Jahren weiter fortsetzen, prognostiziert Wolfgang Haberstock, der Sprecher der Arge Fahrrad.
Die Kehrseite der Medaille: Mit dem Siegeszug des E-Bikes bleibt in den Läden für andere Modelle immer weniger Platz, allen voran das grazile Rennrad oder das Straßenrad. Schon seit ein paar Jahren sei diese Entwicklung zu beobachten, sagt Haberstock, der beim Fahrradhersteller Simplon in Hard in Vorarlberg den Vertrieb leitet. „Die Flächen in den Geschäften sind be- grenzt, da überlegt sich der eine oder andere Händler, ob er sich das Rennrad noch leistet.“Zwar könne man nicht sagen, dass der Rennradsport an Bedeutung verliere. Doch mit dem Angebot verändere sich auch das Kaufverhalten. Nur noch 2,3 Prozent aller in Österreich verkauften Räder waren im Vorjahr Rennräder, in Zahlen sind das 9522 Stück. 2016 waren es noch rund 14.700. „Die Verdrängung des Rennrads tut schon weh“, sagt Haberstock. Es sei ein Radmodell „für volle Spezialisten“geworden.
Bei Simplon schlägt das Herz der Firma trotzdem weiter für das Rennrad. Seit der Markengründung im Jahr 1961 – benannt nach dem auf über 2000 Meter Seehöhe gelegenen Straßenpass in den Walliser Alpen – hat sich die Eigentümerfamilie Hämmerle mit dem Ferrari unter den Fahrradtypen beschäftigt. Mittlerweile sieht man sich mit einer jährlichen Produktion von rund 11.000 Fahrrädern und 90 Mitarbeitern als Manufaktur. „Wir sind ein kleiner Erzeuger, wachsen aber dynamisch“, erklärt Haberstock. Und als solcher lebt man von hoher Qualität, Individualisierung und maßgeschneidertem Vermessungssystem. Kein Simplon-Rahmen kommt von der Stange. Und damit erzielt man Preise, die weit über dem Durchschnitt liegen. Das neueste Modell namens „Pride“(Stolz), ein Rennrad mit Scheibenbremse und komplett integrierten Zügen, kommt im Verkauf auf 7500 bis 8500 Euro. Selbst bei den E-Bikes, die auch bei Simplon mit mehr als 50 Prozent bei den Stückzahlen wichtigster Faktor geworden sind, kommt man auf einen Durchschnittspreis von 4000 Euro. Man sei zwar später als die Konkurrenz ins E-Bike-Geschäft eingestiegen, sagt Haberstock, habe mittlerweile aber das leichteste E-Bike mit Bosch-Motor und Tiefdurchstieg entwickelt. 2014 ist die Hannover Finanzgruppe mit 55 Prozent bei Simplon eingestiegen. Außerhalb des Hauptmarkts der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) ist man nun auch in Großbritannien, Belgien und in den Niederlanden präsent.
Auf dem Gesamtmarkt werden es nicht motorisierte Räder in den nächsten Jahren aber weiterhin schwer haben, glaubt der ArgeFahrrad-Sprecher. „Im Markt ist allerdings viel Dynamik drinnen.“So sei das Fahrrad nicht nur Freizeitgerät, sondern entspreche einem modernen Mobilitätsgedanken. „Wir haben zwar nicht die schwergewichtigste Lobby, aber es wird Stück für Stück notwendige Infrastruktur geschaffen.“Der Verkehrsstress im Alltag sei schon sehr hoch, „es werden in Zukunft noch viele Menschen aufs Rad umsteigen“.
„Nicht motorisierte Räder werden es in den nächsten Jahren schwer haben.“