Die Debatte um den Echo für zwei Rapper hat einen Haken
Warum müssen sich anständige Künstler von der Ehrung für antisemitischen Dumpfsinn distanzieren? Umgekehrt wäre besser.
Die Liste jener Künstler, die den Organisatoren der Echo-Ehrungen für Musiker der verschiedensten Genres den Krempel vor die Füße werfen, wird immer länger. Jetzt hat auch Daniel Barenboim seinen Echo zurückgegeben, weil er nicht denselben Preis zu Hause stehen haben will wie zwei Rapper, die in den vergangenen Wochen vor allem für antisemitischen Schwachsinn bekannt geworden sind. Kollegah und Farid Bang sind sichtlich erfolgreich im Geschäft mit rüden, brutalen Wortfetzen, die dem Publikum entgegengeschleudert werden. Offenbar geht es hier vom Mund der Rapper in die Ohren des Publikums, ohne irgendwo eine Instanz der Vernunft oder der Scham zu passieren.
Die Erregung der Künstler, die sich jetzt vom Echo und den beiden Rappern distanzieren, ist verständlich und ehrenwert. Doch genau genommen wäre es doch weit mehr angebracht, hätten Kollegah und Farid Bang den Anstand, das Hirn oder den Mumm, ihrerseits den Preis zurückzugeben – womöglich mit dem einen oder anderen Wort der Erklärung, der Einsicht oder gar Entschuldigung.
Freilich fragt man sich, weshalb es eines Skandals um antisemitische Sprüche bedarf, um das Werk dieser beiden Herren kritisch zu betrachten. Hat sich eigentlich irgendjemand einmal die Mühe gemacht, die Texte der beiden anzuschauen? Ja, es ist eine Mühe, eine Mühe nämlich, den Brechreiz zurückzuhalten, der einen bei der Lektüre der Botschaften überkommt, die die Herrschaften in den Äther blasen.
Da ist von Frauen grundsätzlich nur die Rede mit einem ordinären Vulgärausdruck für das primäre weibliche Geschlechtsorgan, den frauenverachtende Männer „pars pro toto“benutzen, um Frauen generell als Sexobjekte in den Dreck zu ziehen. Der Kontakt mit Frauen findet in den Texten von Kollegah und Farid Bang vornehmlich durch Vergewaltigung statt. Und irgendwo heißt es, wenn es wehtue, seien Tränen ein gutes Schmiermittel.
Das bevorzugte Besteck der Herren Rapper ist die Kalaschnikow, begleitet von MolotowCocktails. Die Köpfe der Gegner dienen als Trophäen, vermutlich als Wandschmuck. Und wenn einer auf dem Boden liegt, ist er selbst schuld, dass die Sieger noch auf ihn eintreten. Die Texte dieser beiden Rapper sind, selbst ohne die antisemitischen Rülpser, nichts anderes als rassistischer, frauenverachtender, gewaltverherrlichender Dreck.
Und das verdient Ehrung durch die Musikindustrie und die Deutsche Phono-Akademie für „herausragende Leistungen“? Es wäre schon eine herausragende Leistung, könnten sich die Preis-Verleiher dazu durchringen, in Zukunft etwas genauer hinzuschauen, wen sie ehren.