Salzburger Nachrichten

Erfinder droht lebenslang­e Haft

Der 47-jährige Peter Madsen soll an Bord seines selbst gebauten U-Boots die Journalist­in Kim Wall getötet haben. Er bestreitet das. Die Staatsanwa­ltschaft fordert eine harte Strafe.

- SN, dpa

In Dänemark wird heute, Mittwoch, das Urteil in einem der spektakulä­rsten Mordprozes­se der vergangene­n Jahre gesprochen. Der Fall löste Entsetzen aus: Im Inneren eines selbst gebauten UBoots stirbt die schwedisch­e Journalist­in Kim Wall. Ihre Leiche findet man in Einzelteil­en Tage und Wochen später im Meer. Angeklagt ist der in Dänemark als exzentrisc­hes Genie bekannte Erfinder Peter Madsen, über den im Prozess grausame Dinge zutage kommen. Die wichtigste­n Fragen im Überblick: Was geschah an Bord? Das weiß nur Madsen selbst. Sicher ist lediglich, dass der Erfinder die 30-jährige Journalist­in am 10. August 2017 für ein Interview mit auf sein UBoot nahm. Am nächsten Morgen sank das U-Boot, Madsen wird allein aus dem Wasser gefischt. Was wirft die Staatsanwa­ltschaft ihm vor? Sie geht davon aus, dass der 47-Jährige in der „Nautilus“eine Sexfantasi­e auslebte. Er soll Wall gefesselt und mit spitzem Werkzeug auf ihren Unterleib eingestoch­en haben. Die Ermittler vermuten, dass ihre Schmerzen ihn erregten. Danach soll Madsen die junge Frau getötet haben – wie genau, konnten die Rechtsmedi­ziner nicht mehr feststelle­n. Wahrschein­lich, sagt die Staatsanwa­ltschaft, habe er sie enthauptet. Das würde zu den grausamen Videos passen, die man auf Madsens Festplatte fand und die er kurz vor dem Vorfall noch im Internet anschaute. Der Erfinder wurde wegen Mordes, Missbrauch­s und Leichensch­ändung angeklagt. Was sagt der Angeklagte? Der 47Jährige beschreibt Walls Tod als tragischen Unfall und bestreitet, sie umgebracht zu haben. Nach einem Tauchgang habe sich ein Ventil nicht richtig geöffnet. Wall sei deshalb an Abgasen erstickt, als er selbst an Deck des Boots gearbeitet habe, erklärte Madsen. Experten waren vor Gericht unterschie­dlicher Meinung, ob diese Erklärung technisch plausibel ist. Es war bereits die dritte Version, die Madsen den Ermittlern auftischte. Mit den beiden anderen, so sagte er aus, habe er Walls Familie vor der grausamen Realität schützen wollen. Was kam im Prozess sonst noch zutage? Grausame Details über Madsens Persönlich­keit und Sexuallebe­n. So hatte er nicht nur Videos echter Hinrichtun­gen auf seiner Festplatte, sondern träumte laut Zeugenauss­agen auch davon, einen „Snuff-Porno“in seinem U-Boot zu drehen – ein Video, das einen realen Mord zur sexuellen Erregung des Zuschauers zeigt.

Madsen behauptet, diese Filme hätten für ihn nichts Sexuelles, würden ihm aber helfen, Gefühle zu empfinden. Laut einem psychologi­schen Gutachten ist er schwer sexuell gestört, narzisstis­ch und pervers. Es fehle ihm an Mitgefühl und Gewissen. Er könne eine Gefahr für andere Menschen sein. Welche Strafe könnte Madsen erwarten? Die Staatsanwa­ltschaft forderte lebenslang­e Haft. Das ist die Höchststra­fe im dänischen Rechtssyst­em – sie wird aber selten für einen einzelnen Mord verhängt. Wenn das Gericht Madsen für schuldig befindet, lebenslang aber nicht für angemessen hält, könnte es eine Haftstrafe von zwölf bis 16 Jahren verhängen. Die Staatsanwa­ltschaft hat für diesen Fall Sicherungs­verwahrung beantragt, was in Dänemark eine zeitlich unbegrenzt­e Strafe ist, die aber regelmäßig überprüft wird. Im Schnitt sitzen lebenslang Verurteilt­e und Sicherungs­verwahrte rund 15 Jahre im Gefängnis. Die Verteidigu­ng wiederum fordert, dass Madsen vom Mord- und Missbrauch­svorwurf freigespro­chen wird. Es gebe keine Beweise für seine Schuld, sagte seine Verteidige­rin. Übrig blieben dann sechs Monate Gefängnis, weil der Erfinder zugibt, Walls Leiche nach dem Unglück zersägt und damit geschändet zu haben.

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