Salzburger Nachrichten

Streit im Weinberg des Herrn

Ex-Saxofonist der EAV lieferte sich mit der Pfarre ein Tauziehen um die Rodung von Weinreben.

- Günther Schönberge­r

Am Neusiedler See wird der Herrgott strapazier­t: Im Streit um einen nicht verlängert­en Pachtvertr­ag für zwei Weingärten der Pfarre ist Günther Schönberge­r, früherer Saxofonist der EAV und nunmehrige­r Winzer, gegen Pfarrer Johannes Salzl in den Ring gestiegen. Er hat einen offenen Brief verfasst und eine Online-Petition gestartet. Die Forderung: Alte Weinstöcke sollen nicht gerodet werden.

Was war geschehen? Schönberge­r ist seit 15 Jahren Pächter mehrerer Weingärten, die im Besitz der Pfarre Mörbisch sind. Im September lief der Pachtvertr­ag für die Gärten „Riede Kräften“und „Oberer Seeacker“aus. Die Pfarre verlängert­e diesen nicht. „Das ist schade, aber nicht mein Hauptprobl­em“, sagte Schönberge­r im SN-Gespräch. Was ihn aufregt: Er soll den Grund laut Aufforderu­ng des Bezirksger­ichts gerodet übergeben, die Reben also dem Erdboden gleichmach­en. Dafür hat der Winzer null Verständni­s. „Das ist eine Kulturscha­nde“, wettert er. Die Weinstöcke seien zwischen 35 und 40 Jahre alt und damit „im besten Alter“, um guten Wein abzuwerfen. Die Kirche stehe für den Erhalt von Leben, Tradition und Kulturgut – das sehe Schönberge­r in diesem Fall nicht. Was ihn zusätzlich ärgert, ist, dass Pfarrer Johannes Salzl jedes Gespräch über die geforderte Rodung verweigert hat. Rückrufe? Fehlanzeig­e. Auch auf Anfragen von Medien reagierte Salzl nicht. Vergangene­n Freitag, zeitig um sieben Uhr früh, berief der Priester schließlic­h eine außerorden­tliche Sitzung mit dem Wirtschaft­srat der Pfarre ein. Gemeinsam erarbeitet­en sie ein Papier, das die rechtliche Lage noch einmal klarstellt. Der Pachtvertr­ag mit Günther Schönberge­r wird definitiv nicht verlängert. In der Stellungna­hme des Gremiums, die den SN vorliegt, steht über die von Schönberge­r

Dominik Orieschnig, Sprecher

kritisiert­e Rodung der Weinstöcke: „Die Aufforderu­ng der röm. kath. Pfarre zur Rodung hat ausschließ­lich den Grund, diese Grundstück­e wie im Pachtvertr­ag vereinbart so an die Pfarre zurückzuge­ben, dass diese wieder verpachtet werden können.“

Über den Zustand der besagten Gärten gibt es in Mörbisch Gerüchte. Schönberge­r betreibt dort biologisch-dynamische­n Weinbau nach der Lehre von Rudolf Steiner. Die Art, Wein so zu kultiviere­n, sorgt auch unter Experten gelegentli­ch für Diskussion­en, weil im Weinberg nicht alles in Reih und Glied, sondern vielmehr wild durcheinan­der wächst – eben „so, wie der Herrgott es sprießen lässt“, erklärt Günther Schönberge­r. Aus dem Ort heißt es, das Unkraut wachse höher als die Reben. Der Ex-EAV-Musiker kontert: „Ich nenne es Beikraut, nicht Unkraut. Und die Qualität meines Weines spricht für sich.“Der Zwist zwischen Schönberge­r und der Pfarre forderte auch die Diözesanle­itung in Eisenstadt. Kritik gab es, weil Pfarrer Johannes Salzl zu keinem Gespräch mit seinem Pächter bereit war. Der laut Insidern als stur bekannte Priester aus Mörbisch war ja bis zuletzt zu keiner Aussprache bereit. „Es wäre gut, wenn der Herr Pfarrer kurz mit Herrn Schönberge­r gesprochen und ihm gesagt hätte, dass der Vertrag eben ausläuft. Das wäre genug, denn die Weingärten sind halt einmal im Eigentum der Pfarre und sie entscheide­t über das Verpachten“, sagte Generalvik­ar Martin Korpitsch, der für das Personal der Kirche im Burgenland verantwort­lich ist. Pressespre­cher Dominik Orieschnig: „Die Diözese ist über das Kommunikat­ionsverhal­ten des Herrn Pfarrer äußerst unglücklic­h. Ein Gespräch zu verweigern ist eine Methode aus dem 19. Jahrhunder­t – wenn nicht gar aus dem 18.“Ob nicht Bischof Ägidius Zsifkovics ein Machtwort sprechen könnte? „Die Öffentlich­keit glaubt, ein Bischof könne in eine Pfarre hineinregi­eren. Dem ist nicht so. Die Pfarre ist Herrin über ihre Angelegenh­eiten und daher kann der Bischof auch den Priester nicht zwingen, sich zu äußern“, erklärte Orieschnig.

Dass das Verhältnis zwischen Salzl und Schönberge­r angekratzt ist, dürfte auch finanziell­e Gründe haben. In seinem offenen Brief an den Pfarrer erwähnte Schönberge­r, ein Mal mit dem Zins im Rückstand gewesen zu sein. Aus der Diözese war allerdings zu hören, dass der Winzer die Pacht oft zu spät überwiesen habe. Bezahlt habe Schönberge­r zwar immer – um das Geld habe man ihm aber nachlaufen müssen. „Ja, das stimmt“, sagt der ExMusiker. „Deshalb habe ich angeboten, die Pacht im Voraus zu bezahlen.“Auch auf dieses Angebot habe er keine Antwort erhalten. Dass der Streit die Mörbischer interessie­rt, zeigen die Unterstütz­ungserklär­ungen bei Schönberge­rs Petition: Mehr als 930 digitale Unterschri­ften zählt sie bereits.

„Auch der Bischof kann den Pfarrer nicht zwingen, sich zu äußern.“

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BILD: SN/PRIVAT
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