Salzburger Nachrichten

Beim Briefkaste­n fing die Wahlmisere an

Josef Berger geht immer wählen, seit 38 Jahren, am Sonntag erstmals nicht. „Da wurde ich um mein Wahlrecht betrogen“, sagt der Halleiner.

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Josef Berger aus Hallein ist sauer, wenn er an die Wahl vom Sonntag denkt. Nicht, weil er mit dem Ergebnis der Landtagswa­hl unzufriede­n ist, sondern weil er keiner der Parteien seine Stimme geben konnte. „Ich wurde durch den schlechten Service der Post AG um mein Wahlrecht betrogen“, ärgert er sich. Er habe sich daran gewöhnt, dass Briefe und Prospekte verspätet eintreffen, aber jetzt reiche es.

Am 9. April hat Berger zwei Anträge auf Wahlkarten für sich und seine Frau in den Briefkaste­n beim Interspar in Hallein eingeworfe­n, da man am Wahltag nicht zuhause war. „Dieser Briefkaste­n wird täglich geleert. Da dachte ich, das müsste sich ausgehen.“Dem war nicht so. Erst am 20. April kamen die Anträge im rund zwei Kilometer entfern- ten Halleiner Stadtamt an. Die Gemeinde habe ihn verständig­t, dass es nun zu spät für die Ausstellun­g der Wahlkarten sei.

Und somit wählte Josef Berger am Sonntag das erste Mal seit 38 Jahren nicht. Denn als ihn die Gemeinde verständig­t habe, sei es ihm nicht mehr möglich gewesen, die Wahlkarten persönlich im Amt abzuholen.

Bei der Post AG geht man nicht davon aus, dass die Anträge erst nach elf Tagen im Stadtamt angekommen sind. „Jeder der Briefkäste­n in Salzburg wird täglich entleert“, sagt Post-AG-Pressespre­cher David Weichselba­um. Wahlkarten­anträge würden bevorzugt behandelt, hätten also schneller am Zielort ankommen müssen als herkömmlic­he Post. In der Regel werde „Wahlpost“einen, maximal zwei Tage nach der Aufgabe zugestellt. Für die Zeit vor der Wahl habe man zusätzlich­es Personal aktiviert, um alles zeitgerech­t zuzustelle­n. „Ein Versäumnis der Post dürfte das also nicht gewesen sein.“

Auch im Stadtamt seien die Anträge keinesfall­s liegen geblieben, betont Stadtamtsd­irektor Erich Angerer. Probleme gebe es immer wieder. Das System der postalisch­en wie elektronis­chen Wahlkarten­beantragun­g sei nicht optimal. „Die Fristen sind so knapp, dass wir von der Post vor Ort nicht die Garantie bekommen haben, dass alles fristgerec­ht zugestellt wird.“Wer also per Wahlkarte wähle, trage schlussend­lich das Risiko.

Für Berger allesamt keine plausiblen Erklärunge­n. „Ich hab das Gefühl, dass die Post der Service am Kunden nicht interessie­rt.“Beim nächsten Mal will er darauf nicht mehr vertrauen. „Ich werde die Wahlkarte bei der Gemeinde holen und wieder hinbringen.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER Josef Berger am besagten Briefkaste­n beim Interspar in Hallein. Von ihm wird dort keine Post mehr landen.

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