Salzburg weckt neue Lust auf Kunst
Kiefer, Kowanz und Balkenhol bekommen neues Geleit, wenn die Salzburg Foundation ihren kühnsten Plan umsetzt: eine Biennale.
SALZBURG. Während der „Mann auf der Kugel“, wie er im Volksmund heißt, im elften Jahr über den Kapitelplatz blickt und bevor ein neues Kunstwerk auf dem Krauthügel im Nonntal den Salzburgern und ihren Besuchern in gut drei Wochen für den Sommer überlassen wird, frönt die Salzburg Foundation ihrem nächsten Wunschprojekt. Sollte sie dieses realisieren, wäre es der größte und wirkungsvollste Coup, den dieser private Verein kunstsinniger Salzburg-Freunde landen würde.
Derweil wird neben dem Gupf des Krauthügels an warmen Tagen mit Sprinklern das Graswachsen beschleunigt, damit der hier platzierte, riesige, weiße Stern ab Mitte Mai so aus dem Boden herausleuchtet, wie es der aus New York stammende und in Paris lebende Künstler Paul Wallach ersonnen hat. „Down To The Ground“wird am 19. Mai in dem Sinne eröffnet, als es dann zum Staunen wie zum Sitzen, zum Begegnen, zum Begehen und zum Klettern einlädt. Bis Ende des Sommers wird es hier bleiben.
Damit werde das auf fünf Jahre angelegte Kunstprojekt auf dem Krauthügel abgeschlossen, erläutert der künstlerische Leiter der Salzburg Foundation, Walter Smerling. Und dann? Beendet damit die Salzburg Foundation ihre Tätigkeit? „Wir wollen unsere Kräfte auf die Biennale konzentrieren“, erwidert Walter Smerling. Welche Biennale?
Der Vorstand der Salzburg Foundation habe Ende der Vorwoche einstimmig beschlossen, eine Biennale anzupeilen, teilt Walter Smerling mit. Ab 2020 sollten alle zwei Jahre ausgewählte Werke von je drei bis vier Künstlern aus fünf Kontinenten präsentiert werden – „nicht nur in der Altstadt, sondern im gesamten Stadtgebiet“. Wie auf dem Krauthügel wären die Werke nur vorübergehend in Salzburg, voraussichtlich von Mai bis September.
Als Vorbild nennt er das Skulpturenprojekt in Münster, das seit 1977 alle zehn Jahre jeweils rund 100 Tage lang Skulpturen und Plastiken im Freien zeigt. 2017 und 2007 waren in Münster je 35 Werke aufgestellt. Für Salzburg seien pro Sommer fünfzehn bis zwanzig Werke geplant, und das im Zwei-JahresRhythmus, sagt Walter Smerling.
Die Idee einer Biennale für zeitgenössische Kunst hat es schon gegeben. Sie trug den Namen „Kontra.com“und sollte ab dem MozartJahr 2006 alle zwei Jahre der bildenden Kunst wie der Musik eine Plattform im öffentlichen Raum bieten. Nach Aufregung beim ersten Festival sogar über nur temporär Gezeigtes haben Stadt und Altstadtverband als Veranstalter den Teil der bildenden Kunst ersatzlos gestrichen; die Musik wurde in eine musikalische Salzburg Biennale umgetopft, die Ende 2016 eingegangen ist. Das damalige Versprechen für ein Nachfolgeprojekt ruht.
Die von Max Hollein – damals Direktor von Schirn und Städel in Frankfurt – als Kurator für Kontra.com 2006 ausgewählte Kunst habe ihm „sehr gefallen“, versichert Walter Smerling. Nicht im Inhalt, sondern in der Vermittlung seien damals Fehler gemacht worden. Daher werde im Konzept für eine neue Salzburg Biennale auf Vermittlung großer Wert gelegt. Denn: „Die Menschen möchten Kunst nicht nur gefühlsmäßig wahrnehmen, sondern auch intellektuell verstehen.“
Walter Smerling leitet in Duisburg das Museum Küppersmühle mit der Sammlung Ströher. Im Vorjahr organisierte er die bisher größte Ausstellung deutscher Kunst in China und brachte dafür erstmals westliche Gegenwartskunst in den Tai-Miao-Tempel der Verbotenen Stadt in Peking. Dies war das Pendant zu „China 8“, wofür er im Jahr 2015 rund 120 Werke chinesischer Künstler in acht Städte des Ruhrgebiets gebracht hatte. Ebenfalls 2017 kuratierte er zum Luther-Jahr eine Ausstellung in Wittenberg.
Warum Salzburg? Da wird er sentimental: Beginnend mit dem Anselm-Kiefer-Haus im FurtwänglerGarten 2002 habe er Jahr für Jahr mit wenigstens einem Künstler für diese Stadt Projekte entwickelt. „Das hat mir viel Freude gemacht. Ich mag Salzburg sehr.“Die Biennale sei „als eine Liebeserklärung an Salzburg zu verstehen“. Dann sagt er wieder pragmatisch: „Ob es gelingt, können wir nicht sagen.“
Zwar steht das Konzept fest. Doch das Geld! Pro Jahr werde ein „mittlerer einstelliger Millionenbetrag“erforderlich, im ersten Jahr sogar etwas mehr, um für weltweite Werbung zu sorgen. Denn: „Es muss einen Wow-Effekt haben.“
Dafür werden Mäzene und Sponsoren gesucht. An alle spreche er die Einladung aus, zu diesem Qualitätsprojekt beizutragen, sagt Karl Gollegger, Geschäftsführer der Verbund Sales GmbH und Präsident der Salzburg Foundation. Nun gelte es, Mitstreiter zu begeistern „für diese Idee, Salzburg zur Kulturmetropole der Moderne inmitten Europas zu positionieren“. Die Salzburg Foundation wage nun „die Krönung ihrer bisherigen 17-jährigen Tätigkeit“.
Auch bisher hat sie alles privat finanziert – vor allem die zwölf zum „Walk of Modern Art“(ModerneKunst-Spaziergang) aufgefädelten Kunstwerke in der Altstadt, sei es von Christian Boltanski in der Domkrypta, von James Turrell und Mario Merz auf dem Mönchsberg oder von Brigitte Kowanz an der Staatsbrücke. Zudem hat sie 2013 das Kompositionsprojekt „Beyond Recall“mit den Salzburger Festspielen sowie seit 2014 vier Ausstellungen in der Kollegienkirche ermöglicht.
Wichtige Mäzene sind bisher die Credit Suisse sowie der Industrielle Reinhold Würth und dessen Kunststiftung gewesen; diese hat etwa die Werke des „Walk of Modern Art“übernommen, als die Stadt Salzburg sich weigerte, diese als Schenkung anzunehmen.
Zu Regierungspolitikern von Bund, Land und Stadt gebe es gute Kontakte, versichert Karl Gollegger. Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP), Vizebürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ), Stadträtin Barbara Unterkofler (Neos), Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) und Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) seien informiert oder hätten ihre Unterstützung zugesagt.
Und Walter Smerling versichert, demnächst den Kontakt zu Salzburger Institutionen zu suchen, insbesondere zu Museum der Moderne, Künstlerhaus und Sommerakademie für bildende Kunst.
„Wir würden gern 2020 beginnen.“ Walter Smerling, künstlerischer Leiter „Wir wagen nun die Krönung.“ Karl Gollegger, Präsident