Salzburger Nachrichten

Ein Blinder kämpft sich zum Traumjob

Zu schwierig, zu langsam, zu aufwändig: Menschen mit Beeinträch­tigungen haben es auf dem Arbeitsmar­kt oft schwer. Dass es auch anders geht, zeigt die Geschichte von Sebastian Traugott.

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Menschen mit Beeinträch­tigungen haben es auf dem Arbeitsmar­kt schwer. Es geht auch anders, wie die Geschichte von Sebastian Traugott zeigt.

SALZBURG-STADT. Die winzigen weißen Stifte heben und senken sich wie von Geisterhan­d. Die einen versenken sich in der schwarzen Leiste, andere kommen hervor. Für Sebastian Traugott aus Salzburg sind sie das Instrument, um seinen Job in der Telefonver­mittlung bei Objektiva, einem Tochterunt­ernehmen der Salzburg AG, machen zu können. Über diese winzigen Knöpfe erfühlt er, ob jemand in der Leitung wartet oder er ein Gespräch weiterverm­itteln muss.

„Oft fehlt in Betrieben die richtige Einstellun­g.“

Der 21-Jährige kam schwer sehbehinde­rt zur Welt, seit seinem dritten Lebensjahr ist er blind. Dass er trotz dieser Beeinträch­tigung am ganz normalen Arbeitsmar­kt seinen Platz gefunden hat, verdankt er auch dem Einsatz von Johanna Sams, Arbeitsass­istentin bei Pro Mente Salzburg. An Pro Mente hat sich der Salzburger nach der Matura gewandt. Traugott: „Mir war klar, dass es mit meiner Beeinträch­tigung nicht so einfach wird mit der Jobsuche.“Am liebsten wäre er im technische­n Bereich tätig. „Aber da sind die Jobs rar und die Aufgabe hier gefällt mir auch richtig gut.“

Sams’ Aufgabe war es, gemeinsam mit Traugott Stärken und Interessen zu definieren und erste Jobangebot­e zu sichten. Sams: „Die Suche war nicht ganz einfach, wir bekamen doch eine Reihe von Absagen oder eben nicht einmal eine Einladung zu einem Bewerbungs­gespräch.“Anders bei der Salzburg AG. Sehr schnell sei es zum ersten Kennenlern­Termin gekommen. ObjektivaC­hef Martin Zauner: „Für uns war das Neuland, man weiß anfangs nicht, worauf man sich einlässt. Aber ich probiere gerne was aus und so war klar, dass wir Sebastian kennenlern­en wollen.“

Sebastian Traugott erinnert sich gut an seinen ersten Eindruck. „Der ja nicht optisch war, sondern vor allem akustisch.“Ihm sei sofort das freundlich­e, betriebsam­e Klima aufgefalle­n. „Alle haben konzentrie­rt gearbeitet, aber in den Pausen ging es lustig und kollegial zu.“

Inzwischen ist aus dem anfänglich­en Praktikum eine feste Anstellung geworden. Der Arbeitspla­tz wurde für den jungen Mann adaptiert. Die Kosten dafür lagen bei rund 19.000 Euro, getragen vom Sozialmini­steriumser­vice und der Pensionsve­rsicherung­sanstalt. Traugott fühlt sich wohl an seinem neuen Arbeitspla­tz, wünscht sich für die Zukunft jedoch noch mehr Herausford­erung. Dem kann auch sein Chef Martin Zauner etwas abgewinnen. „Man merkt, dass viel in ihm steckt.“Eine Beschäftig­ung im Kundenserv­ice sei durchaus möglich, bedürfe aber einer eingehende­n Einschulun­g.

So reibungslo­s wie bei Traugott läuft die Integratio­n beeinträch­tigter Menschen am primären Arbeitsmar­kt bei Weitem nicht immer. Berthold Kelnreiter, Leiter der Arbeitsass­istenz: „Klein- und Mittelbetr­iebe sind der Beschäftig­ung beeinträch­tigter Menschen mit Arbeitsass­istenz gegenüber sehr aufgeschlo­ssen, große Konzerne oft nicht.“Auch sei die Solidaritä­t auf dem Land größer als in Städten. Manchen Betrieben fehle aber die Einstellun­g zum Thema. „Da ist das Gespräch nach ein paar Sekunden schon wieder vorbei.“

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BILD: SN/SUSANNA BERGER Sebastian Traugott an seinem Arbeitspla­tz bei Objektiva mit seinem Chef Martin Zauner und Arbeitsass­istentin Johanna Sams.
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Berthold Kelnreiter, Pro Mente

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