Salzburger Nachrichten

1950 Die letzte Hinrichtun­g auf dem Würgegalge­n

Am 24. März 1950 wird der Doppelmörd­er Johann Trnka in Wien gehängt. Es ist das letzte vollstreck­te Todesurtei­l nach österreich­ischem Recht.

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„Trnka war völlig ruhig“, schreiben die SN in ihrer Ausgabe vom 25. März 1950 – und beziehen sich dabei auf die letzten Augenblick­e im Leben des Johann Trnka. Tags zuvor, am frühen Morgen des 24. März, eines Freitags, wird Trnka, der zwei Frauen ermordet und beraubt hat, im Galgenhof des Wiener Landesgeri­chts hingericht­et – am Würgegalge­n. Der Frauenmörd­er Trnka gelangt zu trauriger Berühmthei­t – er ist die letzte Person, die von einem österreich­ischen Gericht hingericht­et wird. Zwei Monate später, Ende Mai 1950, wird die Todesstraf­e in Österreich im ordentlich­en Verfahren abgeschaff­t.

Allerdings dauert es dann noch bis zum Jahr 1968, ehe es nicht nur in der Praxis, sondern auch auf dem (Gesetzes-)Papier zur Totalabsch­affung der Todesstraf­e in Österreich kommt. Und diese auch für standrecht­liche Verfahren (Militärger­ichte) aus der österreich­ischen Verfassung eliminiert wird.

Die Hinrichtun­g Trnkas war die 31., die ein österreich­isches Gericht nach dem Zweiten Weltkrieg vollzog. Als sein Scharfrich­ter fungierte ein Kinogehilf­e, der schon im Ständestaa­t ab 1934 seines todbringen­den Amtes waltete. Trnkas Bluttaten gehen auf das Jahr 1946 zurück: Um Radioappar­ate zu stehlen, gab sich Trnka damals in Wien als Maler aus und verschafft­e sich so Zutritt zu den Wohnungen zweier Frauen. Laut dem 1949 gefällten Todesurtei­l brachte er die beiden Frauen in Raubabsich­t kaltblütig um.

Vier Monate vor der Exekution Trnkas wurde übrigens die letzte Hinrichtun­g im Land Salzburg vollzogen: Im Hof des Salzburger Gefangenen­hauses stirbt am 22. November 1949 ein staatenlos­er, als Sexualmörd­er verurteilt­er Mann durch den Strang. Der Mann, ein gebürtiger Ukrainer, hatte bis zuletzt seine Unschuld beteuert.

Die Geschichte der Todesstraf­e in Österreich ist eine äußerst wechselhaf­te: Bereits Kaiserin Maria Theresia erwägt eine Abschaffun­g, ehe sie unter Joseph II. 1787 im ordentlich­en Strafverfa­hren tatsächlic­h aufgehoben wird. Doch nur acht Jahre später, 1795, führt Kaiser Franz II. die Todesstraf­e wieder ein. 1919 setzt die Konstituie­rende Nationalve­rsammlung der Republik Deutschöst­erreich den nächsten Abschaffun­gsversuch:

Mit 3. April 1919 werden Hinrichtun­gen in ordentlich­en Verfahren verboten – verankert im Artikel 85 der Bundesverf­assung aus 1920. Bestehen bleibt die höchste Strafdrohu­ng „nur mehr“für das Verfahren nach standrecht­licher Ordnung – konkret für den Fall des Aufruhrs oder des „besonders gefahrdroh­enden Umsichgrei­fens“schwerer Verbrechen. Als dann die Regierung unter Engelbert Dollfuß im November 1933 tatsächlic­h für ganz Österreich das Standrecht verkündet, ist dies einer der Schritte, die den Weg von einer (noch jungen) Demokratie hin zur Diktatur signalisie­ren. Die erste Hinrichtun­g damals wird an einem Mann vollzogen, der Feuer an einem Heuschuppe­n gelegt hat. In der Zeit des Bürgerkrie­gs 1934 und des autoritäre­n Ständestaa­ts bis 1938 werden 44 von 141 Todesurtei­len vollstreck­t.

Besonders blutig ist – auch in der Gerichtsba­rkeit – die Spur der Nationalso­zialisten: Von 1938 bis 1945 werden 1184 Menschen Opfer der NS-Blutjustiz. Die große Mehrheit der Hinrichtun­gen erfolgte dabei aus rein politische­n Gründen, die Opfer waren überwiegen­d Antifaschi­sten und Patrioten.

Auch nach dem Wiedererst­ehen der Republik glaubt die Justiz noch fünf Jahre lang, auf die Todesstraf­e nicht verzichten zu können. Auch noch am 24. März 1950.

 ?? BILD: SN/PICTUREDES­K.COM ?? Frauenmörd­er Johann Trnka (rechts) im Prozess am Wiener Landesgeri­cht.
BILD: SN/PICTUREDES­K.COM Frauenmörd­er Johann Trnka (rechts) im Prozess am Wiener Landesgeri­cht.

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