Hotel will nicht mehr so viel Nahrungsmittel wegwerfen
Was passiert, wenn ein Abfallvermeidungsexperte einen Betrieb unter die Lupe nimmt. Die Ergebnisse sind verblüffend.
WIEN. Frühstücksbuffet, Essen à la carte, Catering für Konferenzen und Tagungen, ein angeschlossenes Café – das Hotel Regina am Wiener Rooseveltplatz ist ein riesiger Gastronomiebetrieb, der 365 Tage im Jahr auf Hochtouren läuft. Vera Kremslehner-Braunegg, die Chefin des Hauses, wollte nun wissen, wie viel Essen, das in ihrer Küche zubereitet und den Hotelgästen serviert wird, schlussendlich im Müll zu landen droht. Um es vorwegzunehmen: Es sind mehr als 33 Kilogramm. Pro Tag.
Doch was bedeutet dieser Wert – und welche Konsequenzen muss ein Betrieb daraus ziehen? Um das herauszufinden, bedarf es wissenschaftlicher Analyse. Und diese holte sich Kremslehner-Braunegg in Form von Franz Labmayer ins Haus. Labmayer ist ehemaliger Spitzenkoch („Aubergine“, „Korso“) und nun Teil des Beratungsprojekts Küchenprofi(t) der Initiative United Against Waste. Diese hat sich zum Ziel gesetzt, die vermeidbaren Lebensmittelabfälle in der österreichischen Gastronomie, Hotellerie sowie in Großküchen von Krankenhäusern, Pflegebetrieben und Betriebskantinen bis zum Jahr 2030 zu halbieren.
Labmayer rückte mit zwei Studenten der Universität für Bodenkultur an, die die erhobenen Daten für eine eigene Untersuchung nützt. Einen Tag lang dokumentierten und wogen sie alles, was ge- kocht, konsumiert und entsorgt wurde. Tagesbilanz: 240 Kilogramm Essen wurden zum Verzehr angeboten, davon blieben auf den Tellern oder am Buffet 33 Kilogramm liegen. Darunter acht Kilogramm Nudeln/Reis/Erdäpfel, knapp zehn Kilogramm Obst und Gemüse, acht Kilogramm Süßspeisen, fünf Kilogramm Fleisch und zwei Kilogramm Suppe. Das Blöde daran: Was auf dem Teller landet und nicht gegessen wird, muss weggeworfen werden. Da sind die Hygienevorschriften unerbittlich. Das ergibt im Jahr eine Essensabfallmenge von zwölf Tonnen. Hochgerechnet verliert das Hotel dadurch 36.807 Euro.
Produziert man seine Speisen, wie im Hotel Regina, großteils selbst, fallen auch Rüstabfälle an. Dazu zählt man Eier-, Obst- und Gemüseschalen, Fleischverschnitt, Fischhaut und Panier. Tägliche Menge: 30 Kilogramm. Findige Köche schaffen es jedoch, einen Gutteil dieser Reste als Basis für Soßen und Suppen zu verwerten.
Franz Labmayer fasst zusammen: „Es gibt hier nicht viel Spielraum. Der Betrieb arbeitet wirklich gut. Anderswo waren die Zahlen weit höher.“Für Vera KremslehnerBraunegg ist das Ergebnis eine Überraschung: „Ich dachte, wir stehen viel schlechter da.“Und wie soll es nun weitergehen im Hotel Regina? „Bessere Kommunikation“, sind sich Tester und Getestete einig, „ist ein Schlüssel“. Wenn das Servierpersonal melde, was bei den Gästen gerade besonders begehrt ist (oder eben nicht), könne sich die Küche bei der Zubereitung kurzfristig ein- bzw. umstellen. „Das ganze Team muss sehen, was abfällt“, betont Kremslehner-Braunegg. Optimierungspotenziale gebe es genügend: Lager, Speisekarten, Tagesablauf – und Präsentation. Vor allem bei Buffets können mit kleineren Tellern große Mengen an Resten vermieden werden. Die Hotelchefin will „auf jeden Fall dranbleiben“. In einem Jahr gibt es noch einmal eine Kontrolle. Ihren Gästen zu verbieten, sich die Teller vollzuladen, oder sie zu belehren, komme für sie aber nicht infrage. „Das geht einfach nicht.“
Zehn Betriebe sind es bisher in Wien, die am Küchenprofi(t)-Programm teilnehmen. „Es melden sich meist nur jene, bei denen es ohnehin gut läuft“, klagt Franz Labmayer, der sich auch selbstkritisch zeigt: „Wir müssen da offensiver werden.“Zum Beispiel beim Hervorheben der Kosten, denn die sind gering. Wien etwa fördert die Beratung mit 1200 Euro. Labmayer appelliert an die Gastronomen, sich zu melden. „Es gibt auf jeden Fall Einsparungspotenzial.“UNITED-AGAINST-WASTE.AT/