St. Johann erinnert an Tausende Kriegsopfer
Drei neue Stelen aus Glas informieren nun die Besucher des Russenfriedhofs im Pongau.
„Weißt du, worauf du gehst und stehst?“Diese Frage der St. Johanner Künstlerin Hildegard Stofferin steht auf einer neuen Gedenkstele am Eingang zum Russenfriedhof. Die Antwort ist auch 73 Jahre nach den Gräueltaten der Nazizeit sehr schwer zu ertragen: Die sterblichen Überreste von 3549 sowjetischen Kriegsgefangenen ruhen hier in der Erde. Die Gefangenen starben an Hunger und Seuchen. Viele wurden erschossen.
Drei Stelen aus Glas, die der Künstler Karl Hartwig Kaltner aus Puch bei Hallein gestaltet hat, wurden am Mittwochvormittag vor dem Russenfriedhof beim Straßenknoten Altach unterhalb der B311 aufgestellt. Historische
„Eingebrannte Fotos sollen das Grauen visualisieren.“
Fotos und Aufschriften in vier Sprachen erinnern Besucher an das Schicksal der Opfer. Die drastische Darstellung sei angebracht, sagt Kaltner. „Das Schreckliche ist geschehen.“Es gäbe noch viel schrecklichere Bilder. Der Künstler verwendete in der Glasmalerei Peters im deutschen Paderborn die Technik des Einbrennens. Das ist auch symbolisch zu verstehen. „Auch die Erinnerung brennt sich in unser Gedächtnis ein. Da nützen alle Löschungsversuche nichts.“Die eingebrannten Fotos sollen das Grauen visualisieren. „Weil das Thematisieren solcher Verbrechen gesellschaftlich in den Hintergrund tritt und gelegentlich sogar bagatellisiert wird, scheint mir das Mahnmal höchst wichtig.“Das Glas stehe für Transparenz und symbolisiere sowohl Verletzlichkeit als auch Bestand.
Ursprünglich waren fünf Stelen im hinteren Bereich des Friedhofs selbst geplant. Das habe aber die Bundesimmobiliengesellschaft hauptsächlich aus Haftungsgründen nicht gewollt, sagen die Initiatoren. Und es sei auch der Wunsch der russischen Botschaft, die Friedhofs- und Totenruhe zu wahren. Auch diese Lösung finden die Organisatoren nun gut. Den Grund beim Eingang habe großzügigerweise der Eigentümer, ein Landwirt, zur Verfügung gestellt. „Bis 2009 gab es keine Zufahrt. Früher konnte man da nur gehen, wenn die Wiese gemäht war“, erzählt Annemarie Zierlinger, Obfrau des Vereins Geschichtswerkstatt St. Johann.
Die Kosten für die Stelen in Höhe von gut 30.000 Euro trügen die Stadtgemeinde (zu etwa zwei Dritteln) und die Kulturabteilung des Landes, erklärt Zierlinger.
Auf der anderen Seite der Bahnstrecke befand sich das im Sommer 1941 errichtete Kriegsgefangenenlager. Es unterstand der Wehrmacht und bestand eigentlich aus zwei Lagern, dem Südlager, in dem vor allem Franzosen inhaftiert waren, und eben dem Nordlager für die Russen. Offiziell eröffnet wird der neue Eingangsbereich am Samstag, 5. Mai, um 15 Uhr. Das Gedenken steht unter dem Titel: „Den Opfern die Namen wieder geben“. Die Veranstaltung ist ein Beitrag zum Gedenkjahr 1938. Zu Gast wird unter anderen der Demokratische Chor Braunau sein.