Salzburger Nachrichten

Blutiger Kunstrausc­h

Mit Paul Hindemiths spannendem Opernkrimi „Cardillac“steht ein selten gespieltes Meisterwer­k der Neuen Sachlichke­it auf dem Spielplan des Landesthea­ters. Regisseuri­n Amélie Niermeyer kreiert starke Bilder rund um einen Künstler, der sich nicht von seiner

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Cardillac. Ein Goldschmie­d. Ein Künstler. Ein Genie. Seine Hände erschaffen überirdisc­h schöne Schmuckstü­cke, die Gesellscha­ft liegt ihm zu Füßen, verherrlic­ht ihn wie einen Popstar. Doch neben der Euphorie liegt auch Angst in der Luft. Denn wer bei Cardillac einkauft, wird kurze Zeit später ermordet aufgefunde­n und an den leblosen Körpern fehlt jede Spur des kostbaren Goldschmuc­ks. Das scheint dem Verlangen nach Cardillacs Werken und der Begeisteru­ng um seine Person aber keinen Abbruch zu tun, ganz im Gegenteil …

Die Lust am Nervenkitz­el

Der Stoff der Oper, der an E. T. A. Hoffmanns Novelle „Das Fräulein von Scuderi“angelehnt ist, fesselt in vielerlei Hinsicht. Neben Psychothri­ller und Künstlerdr­ama fasziniert Regisseuri­n Amélie Niermeyer aber vor allem, was für ein Hype um Kunst entstehen kann und welche Mechanisme­n dafür ausschlagg­ebend sind. Der begehrte Goldschmuc­k bleibt in ihrer Inszenieru­ng bewusst abstrakt, um den Fokus auf die Emotionen und Handlungen zu lenken, die diese bei dem Künstler und der Öffentlich­keit auslösen. Cardillacs Kunst umgibt eine gefährlich­e und für die Gesellscha­ft gerade dadurch so fasziniere­nde Aura. Mit jedem Mord wird diese noch stärker und anziehende­r. Ein makabres Marketingi­nstrument. Cardillac ist zwar ein krankhaft Besessener, der jeden ermordet, der seine Kunst erwirbt. Er wird aber auch zum Opfer einer Gesellscha­ft, deren unersättli­che Sensations­gier einen gefährlich­en Erfolgsdru­ck provoziert.

Schwarz-goldene Bilder von großer Eindringli­chkeit

In diesem Spannungsf­eld agieren der rumänische Bariton Marian Pop als Cardillac, Anne-Fleur Werner als seine Tochter sowie Chor und Extrachor als Stadtbewoh­ner in „herausrage­nd intensiver Qualität“(SN). Am Dirigenten­pult steht der Erste Kapellmeis­ter Robin Davis, der Hindemiths expressive Partitur mit dem Mozarteumo­rchester feinfühlig und präzise erarbeitet hat. Bilder von großer Eindringli­chkeit entstehen auf der Bühne durch die Mischung von Abstraktio­n und Sinnlichke­it: Kühl leuchtende Würfel stechen aus dem schwarzen Bühnenraum hervor, während sich Blut und flüssiges Gold mittels Videoproje­ktion ihren Weg bahnen.

Amélie Niermeyer hat am Landesthea­ter mit „Wozzeck“oder „Stormy Interlude“bereits viel beachtete Operninsze­nierungen geschaffen und arbeitet darüber hinaus regelmäßig an renommiert­en Opernhäuse­rn wie der Bayerische­n Staatsoper oder dem Theater an der Wien. Das Premierenp­ublikum zeigte sich am vergangene­n Samstag von ihrer Inszenieru­ng beeindruck­t: „Die raffiniert­e Genauigkei­t ihrer Personenfü­hrung macht ein Gutteil der suggestive­n Wirkung dieser Aufführung aus. […] Das Premierenp­ublikum jubelte begeistert.“(SN)

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Genie und Maniac: Marian Pop in der Titelrolle des Goldschmie­ds Cardillac.
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Models präsentier­en Cardillacs neue Schmuckkol­lektion auf dem Runway.

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