Wer auch nur ein Wirtshaus rettet – der rettet die Demokratie!
Wussten Sie, dass der einzige echte Volksaufstand Bayerns in einem Braunauer Wirtshaus begann? Seitdem werden die Wirte bekämpft.
Das war ein Auflauf! Vorige Woche demonstrierten Hunderte bayerische Wirte in München. Auf einem der Schilder war zu lesen: „Wir trauern um unsere Wirtshauskultur.“Einer meinte sogar: „Der Staat zwingt die Wirte zum Bescheißen.“Ein anderer: „Wenn die Wirtshäuser sterben, dann stirbt Bayern.“Tatsächlich sperrte in Bayern in den letzten zehn Jahren ein Viertel aller Wirtshäuser zu. Wer daran schuld ist, darin waren sich alle einig: der Staat mit seinen Auflagen, hohen Lohnnebenkosten und seiner überbordenden Bürokratie. Der Auftritt erinnerte an jene Münchner Wirte, die ihrem König Maximilian I. vor 206 Jahren das Leben schwer machten. Sie schickten ihrem „Max“täglich Boten, die dem Kini ihr Leid klagten. Ihr damaliger Feind waren die Brauereien. Diese machten den Wirten im Umland von München mit ihrer Ausschank und Ausspeisung Konkurrenz. Über ähnliche Probleme klagen auch heute viele Wirte. Denn während Wirtshäuser strenge Auflagen einhalten müssen, verdienen sich in der Stadt Imbissbuden und Food Trucks goldene Nasen. Auf dem Land sind es wiederum die vielen Vereinsfeste und Vereinslokale, die dem Wirt die Gäste abspenstig machen. Was auf den ersten Blick gut für die Gemeinschaft ist, das kann auf den zweiten Blick für den Einzelnen zum Problem werden. Denn das dörfliche Publikum ist durchschnittlich zu 80 Prozent in Vereinen organisiert. Und in den Vereinslokalen gibt es von Getränken über Würstel, Fertigpizza bis zum Leberkäse mit Kartoffelsalat auch alles, was den Durst und Hunger stillt.
Wie löste nun der populäre bayerische Kini das damalige Wirte-Problem? Er verfügte weise, dass die Brauereien weiter ihr Bier verkaufen dürfen. Aber außer Brot durften sie keine Speisen mehr anbieten. Das war die Grundlage für einen schönen Brauch: Den Gästen war es in Brauerei-Gastgärten fortan erlaubt, ihre Jau- se (auf Bayerisch Brotzeit) selbst mitzubringen. So sparten sie Geld, das sie in einen Wirtshausbesuch investieren konnten. Somit war allen geholfen. Der Brotzeit-Brauch im Biergarten existiert mancherorts noch heute.
Eines muss uns also klar sein: Jedes gute Wirtshaus verdient Schutz, weil es eine Form gelebter Demokratie ist. Das zeigt ein Beispiel aus Braunau am Inn. Dort wurde am 21. Dezember 1705 – also lang vor der Französischen Revolution – im Gasthof Breuninger von Vertretern aller Stände, nämlich Adel, Klerus, Bürger und Bauer, das „Braunauer Parlament“gegründet. Stellen Sie sich vor: Von diesem Gasthaus ging der einzige echte Volksaufstand der bayerischen Geschichte aus. Kein Wunder also, dass der Staat den Wirtshäusern das Leben schwer macht. Also, liebe Leute: Raus aus dem Internet – und zurück ins Wirtshaus! Prost!