Leben wie Bruno in Frankreich
Ein Krimiheld kocht alle ein. Wie man Gauner jagt und zugleich die schönen Seiten des Lebens genießt? Martin Walker verrät ein Rezept.
Für den Charakter von Bruno verbürgt sich Martin Walker jederzeit gerne: „Er ist ehrlich, nicht überspitzt, sondern eher einfach, aber vielseitig einsetzbar“, sagt der Krimiautor. Ausnahmsweise redet er nicht vom Helden seiner Romane, dem Dorfpolizisten Bruno, den Martin Walker in der Schlemmerregion Périgord auf Verbrecherjagd schickt. Stattdessen erzählt er von einem Rotwein, den er mit einem Winzerfreund produziert hat. Aber auch die Cuvée „Bruno“weist ja alle Eigenschaften auf, die Walkers Krimifigur populär gemacht haben.
Zwischen Literatur und Lebenskunst gibt es in Martin Walkers Welt noch mehr Parallelen. Brunos Hund, der auf dem Weinetikett zu sehen ist, hört auf den Namen Balzac. Beim Krimischreiben hält es Walker wiederum mit Marcel Proust. Wer mit offenem Blick durch die Welt gehe, brauche nicht mehr viel Imagination, um einen Roman zu schreiben, hat Proust einst gesagt. „Ich brauche gar keine!“, sagt Walker kokett über sein Krimi-Rezept. „Das Périgord steckt doch schon voller Geschichten – vom Essen, vom Wein und den Leuten!“
Seit 20 Jahren hat der schottische Autor, Journalist und Historiker seine Wahlheimat in der Region, die nicht nur für Gänseleber, Trüffel und Wein berühmt ist. Auch auf große Geister trifft man hier, wie Étienne de la Boétie oder Michel de Montaigne.
„Chabrol!“, sagt Walker jetzt in die Runde, die beim gemeinsamen Essen gelandet ist. Er spricht freilich nicht von dem Regisseur, sondern von einer kulinarischen Eigenart des Périgord: Dabei verfeinert man den letzten Schluck Suppe, der in der Schüssel verbleibt, mit einem halben Glas Rotwein und schlürft die Mischung aus, wie Walker nun der staunenden Tischgesellschaft gern vorzeigt. Kein Wunder, dass das Périgord ihn zum Botschafter der hiesigen Lebensart ernannt hat. Auf Brunos Spuren kommen jedes Jahr mehr Touristen in den Südwesten Frankreichs.
Die Überzeugung, dass Essen der beste Weg ist, um Menschen einander näherzubringen, teilt der Bestsellerautor mit seinem Krimihelden – und mit dem Philosophen Michel de Montaigne: „Für mich ist keine Speisenzubereitung so wohlschmeckend, keine Soße so appetitlich wie die, welche man in guter Gesellschaft genießt“, schrieb er schon im 16. Jahrhundert. Und Bruno fand bisher in jedem Fall Zeit, seine Freunde zu bekochen. Er ist nicht nur „Chef de Police“, sondern auch leidenschaftlicher Chef de Cuisine. Als Ergänzung zu den Krimis schreibt Martin Walker deshalb mit seiner Frau Julia Watson auch „Bruno“-Kochbücher. Das erste wurde bei den „Gourmand World Cookbook Awards“als bestes Buch über die französische Küche seines Jahrgangs gekürt. Jetzt sei bald das zweite fertig, „ein Buch mit Gartenrezepten“, verrät Walker. Auf die Frage, welches Rezept er zum Nachkochen empfiehlt, um das Lebensgefühl des Périgord zu kosten, rät er zu einem rustikalen Klassiker aus Brunos Küche: „Ein Rindfleischschmortopf nach Art des Périgord“. Dafür wird das traditionelle „Boeuf bourguignon“um eine regionale Eigenart ergänzt. Und richtig geraten: Dabei geht es darum, das fast fertige Gericht mit einem Gläschen zu verfeinern. Der „Vin de Noix“ist für die regionale Note zuständig. Nusslikör ist eine Spezialität, die es im Périgord überall zu kaufen gibt. Walker und Bruno machen ihn selbst. „Vor der Sonnenwende ist die ideale Zeit dazu“, erzählt der Krimistar. „Schneiden Sie einfach 50 grüne Walnüsse samt Schale in Viertel. Dann setzen Sie die Nüsse mit acht Litern Rotwein, einem Liter Eau de Vie (Obstschnaps) und einem halben Kilogramm Zucker in einem Emailletopf an.“Der Rest klingt gemütlich: „Lassen Sie die Mischung sechs Wochen in einem dunklen Eck ruhen. Besser drei Monate.“Das Ergebnis fülle zwölf Weinflaschen und schmecke „wunderbar, wie ein Portwein, das gibt dem Gericht eine kräftige Basis“. Brunos Gelassenheit ist auch beim Schmoren gefragt: Am Besten solle man das Gericht schon am Vortag zubereiten. Und dann in geselliger Runde aufessen.