Endlich aus dem Fahrstuhl
Österreich schafft endlich wieder einmal den Klassenerhalt bei einer Eishockey-WM – weil man im wichtigsten Spiel die beste Leistung zeigte. Die SN zeigen Perspektiven und Problemzonen.
Die Entscheidung: Auf die schlechteste Leistung am Freitag beim 2:5 gegen Frankreich folgte nur 24 Stunden später die beste Leistung im ganzen Turnierverlauf: Österreich besiegte Weißrussland 4:0 (1:0, 3:0, 0:0) und markierte dabei auch drei Powerplay-Tore. Das Team zeigte jene Reaktion, die man sich lange von ihm erhofft hat. Denn noch am Vortag hat Teamchef Roger Bader seine Jungs ungewohnt hart und direkt kritisiert. Vor allem Schweden-Legionär Konstantin Komarek, der bis dahin eine matte WM gespielt hat und auch körperlich nicht in Bestform schien, sowie Keeper Bernd Starkbaum bekamen ihr Fett weg.
Aber: Beide bekamen am Samstag auch das Vertrauen von Bader und haben es ausgebügelt – Starkbaum blieb ohne Gegentor, Komarek wurde zum Matchwinner. Er erzielte das 2:0 selbst, einen Schuss von ihm fälschte Michael Raffl zum 3:0 ab – das war die Vorentscheidung. Das zeigt: Der Trainer erreicht auch seine Spieler. Das Umfeld: Mit Verbandsboss Gernot Mittendorfer und Teamchef Roger Bader kam ein ganz neuer Wind und endlich Professionalität in das Nationalteam. Hat früher ein Clubtrainer den Teamchefposten quasi nebenbei mitgemacht, so arbeitet Bader ganzjährig auch mit dem Nachwuchs. Dass er ihn in der NHL besucht und gebeten habe, dass er zur WM komme, das habe Michael Raffl sehr imponiert, erzählte der Villacher, der in Kopenhagen zur erhofften Leaderfigur wurde. „Das war nicht immer so“, sagt Raffl, der nach einer langen Saison nicht gezögert hat und zur WM gekommen ist. Auch neu: Unter Bader hat sich das Team sechs Wochen vorbereitet, da waren auch viele junge Spieler dabei, die im Hinblick auf das Fernziel Olympia 2022 erstmals Kontakt mit dem Nationalteam hatten. Diese Perspektiven haben früher gefehlt, weil eben alle zwei Jahre der Teamchef gefeuert wurde oder selbst den Hut genommen hat. Die Zukunft: In der Stunde des Triumphs lobte Bader sein Team („Ich bin verdammt stolz auf diese Mannschaft“), blieb aber mit beiden Beinen fest am Boden. „Wir sind keine A-Nation, wir haben noch viel Arbeit vor uns.“Das stimmt. Richtig ist aber auch: Die Zukunft des Teams sah schon lange nicht mehr so rosig aus. Die nächste WM steigt von 10. bis 26. Mai 2019 in der Slowakei (Pressburg und Košice). Wer heuer die lautstarken Österreich-Fans in Kopenhagen (500 bis 600 bei jedem Spiel) gesehen hat, darf sich vor der Haustür Wiens auf ein echtes Heimspiel für Österreich freuen. Noch wichtiger: Mit den Überraschungs-Aufsteigern Italien und Großbritannien kommen zwei Teams in das Oberhaus, die klar unter Österreich zu stellen sind. Erstmals seit vielen Jahren geht Österreich nicht als Abstiegskandidat Nummer eins in die Titelkämpfe. Gelingt der Klassenerhalt, wäre man 2020 schon in einer guten Ausgangsposition – auch für die Olympiaqualifikation im Herbst 2020. Was noch fehlt: Einiges. Zunächst einmal eine klare Nummer eins im Tor. Bernd Starkbaum hat seinen Beitrag am Klassenerhalt, aber eine sichere Bank ist er nicht. Aus dem Trio Madlener, Kickert und Herzog muss sich in den nächsten Jahren ein echter Kandidat für die Nummer-eins-Position entwickeln. Dazu kommen die gefürchteten „Panikminuten“im Spiel: Kassiert Österreich ein Gegentor, gehen schnell Plan und Linie verloren, folgt oftmals gleich ein weiteres Tor. Das hat mit Selbstvertrauen und Routine zu tun – in der heimischen Liga stehen in entscheidenden Momenten halt zu oft die Legionäre auf dem Eis. Ligazukunft: Vielleicht führt der Erfolg der recht jungen Mannschaft dazu, dass man in den Clubs doch dem eigenen Nachwuchs mehr Chancen gibt. Die Botschaften aus Salzburg, Klagenfurt, Villach und Linz in diese Richtung klingen vielsprechend – mal schauen, was im Dezember davon übrig bleibt.