Salzburger Nachrichten

ÖBB – kein Vorbild für die Jugend

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Als Lehrer vom Gymnasium St. Ursula bin ich ratlos. Wie kann man 550 Schülern/-innen plausibel machen, dass zügiges und termingere­chtes Arbeiten, Transparen­z, Serviceori­entierung und Kommunikat­ion Qualitäten sind, ohne die sie später am Arbeitspla­tz keine Chance haben? Das Großuntern­ehmen ÖBB beweist doch permanent das Gegenteil: Vier Wochen im Voraus eine Klassenfah­rt buchen? Nein – viel zu kurzfristi­g! Eine versehentl­iche Falschbuch­ung sofort korrigiere­n? Nein – der Kunde hat Pech gehabt!

Einmal hatten wir sogar Glück und bekamen doch eine Reservieru­ng für 35 Schüler/ -innen. Glück? – von wegen! Die Reservieru­ng wurde von den ÖBB für einen Zug vorgenomme­n, der, als wir die Tickets kaufen wollten, vom Fahrplan genommen worden war. So kam es zur Falschbuch­ung – für diesen Fehler kam uns das Großuntern­ehmen großzügig entgegen – wir mussten „nur“eine Strafgebüh­r von 40 Euro zahlen – wohl im Sinne: selbst schuld, wer mit den ÖBB fährt, denn die ÖBB sind nie schuld.

Ich will die Leser der SN nicht mit endlosen Aufzählung­en vom Versagen der ÖBB langweilen. Jeder wird solche Geschichte­n aus leidiger eigener Erfahrung kennen. In einer Schule fällt es nur besonders negativ auf, weil sich Fehler (je nach Gruppengrö­ße) stärker auswirken.

Ich frage mich schon, welche Botschaft die jungen Menschen da lernen: Seid verbesseru­ngsresiste­nt, macht eure Arbeit schlecht oder gar nicht, entschuldi­gt euch nie für eure Fehler und lasst einfach andere für sie zahlen – und ihr werdet im Berufslebe­n trotzdem bestehen. Oder sollte ich ihnen vielleicht sagen, dass sich solch schlechtes Verhalten nur ein Staatsbetr­ieb leisten kann? Das würde das Vertrauen unserer Kinder in den Staat und seine Qualitäten wohl schwerlich verbessern. Dr. Oliver Kraft PG St. Ursula 5061 Salzburg

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