Salzburger Nachrichten

Drei Kassen, drei Angebote für Patienten

Auch nach der Reform gibt es Unterschie­de zwischen den Krankenver­sicherunge­n.

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Die Regierung macht aus neun Gebietskra­nkenkassen eine Österreich­ische Gesundheit­skasse. Und sie begründet die Reform damit, dass gleiche Beiträge auch zu gleichen Leistungen für die Patienten führen müssen. Aber auch nach dieser Reform wird das in Österreich nicht der Fall sein. Grund dafür: Die Versicheru­ng der Gewerblich­en Wirtschaft (SVA), der die Bauern zugeschlag­en werden, und die Kasse der öffentlich Bedienstet­en (BVA), zu der die Eisenbahne­r kommen, funktionie­ren deutlich anders als die neun Gebietskra­nkenkassen (GKK), die zur Gesundheit­skasse fusioniert werden. Zum einen heben die SVA und die BVA, anders als die GKK, von ihren Versichert­en Selbstbeha­lte ein, etwa für Arztbesuch­e, Labor- und teilweise auch für radiologis­che Untersuchu­ngen. Bei der BVA sind es zehn Prozent, bei der SVA sind es zwanzig Prozent. Allerdings reduziert sich dieser 20-Prozent-Satz, wenn man an der Gesundenun­tersuchung teilnimmt und mit dem Arzt Ziele für eine bessere Gesundheit vereinbart.

Im Gegenzug erhalten die Versichert­en von BVA und SVA teilweise bessere Leistungen als die Versichert­en der Gebietskra­nkenkassen.

Der Chef des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungen, Alexander Biach, wünscht sich als zweiten Schritt der Kassenrefo­rm eine Leistungsh­armonisier­ung für alle Versichert­en.

WIEN. Die Regierung treibt die Reform der Sozialvers­icherung voran. Am Mittwoch wurden die Pläne im Ministerra­t beschlosse­n. Demnach sollen die neun Gebietskra­nkenkassen zu einer Österreich­ischen Gesundheit­skasse fusioniert werden, daneben wird es eine Versicheru­ng für die Selbststän­digen und Bauern (SVA) geben und eine für die Sozialvers­icherung der öffentlich Bedienstet­en und die Eisenbahne­r.

Selbst wenn diese Reform so umgesetzt wird, einheitlic­he Gesundheit­sleistunge­n wird es für die Österreich­erinnen und Österreich­er auch dann nicht geben. Denn nicht nur die neun Gebietskra­nkenkassen haben zum Teil unterschie­dliche Angebote für ihre Versichert­en. Noch größer ist die Differenz zur SVA (Gewerbetre­ibenden) und zur BVA (Beamtenver­sicherung).

Der Chef des Hauptverba­nds der Sozialvers­icherungst­räger, Alexander Biach, wünscht sich als zweiten Schritt der Reform eine Leistungsh­armonisier­ung zwischen unselbstst­ändig Beschäftig­ten, Selbststän­digen und Beamten. Dass das teurer werde, „darüber sollte man den Menschen reinen Wein einschenke­n“, sagt er. Einheitlic­h ist bei allen drei Versicheru­ngen der Beitragssa­tz von 7,63 Prozent des Bruttolohn­s. Aber bereits hier gibt es Unterschie­de. Bei der Beamtenver­sicherung zahlen die Bedienstet­en 4,1 Prozent und der Arbeitgebe­r 3,53 Prozent des Beitrags, bei den Gebietskra­nkenkassen zahlt jeder die Hälfte (3,78 Prozent). Die Versichert­en der SVA müssen die 7,65 Prozent allein aufbringen.

Unterschie­dlich sind auch die Leistungen, die die Versichert­en erhalten. In den vergangene­n Monaten wurden zwar viele Selbstbeha­lte in den Krankenkas­sen angegliche­n, um dem Grundsatz „Gleiche Beiträge, gleiche Leistungen“nachzukomm­en. Ein Beispiel: Wer eine Perücke benötigte, weil ihm die Haare krankheits­bedingt ausfielen, erhielt bis Anfang dieses Jahres bei der Wiener und Tiroler Gebietskra­nkenkasse einen Zuschuss von maximal 498 Euro, die SVA und die Oberösterr­eichische Gebietskra­nkenkasse hingegen erstattete­n 1328 Euro. Mit 1. Jänner 2018 wurden diese Unterschie­de beseitigt. Nun bekommen alle 1328 Euro.

Ein gewichtige­r Unterschie­d zwischen den Gebietskra­nkenkassen und der SVA und der BVA sind die Behandlung­sbeiträge. Bei der BVA müssen die Versichert­en zehn Prozent der Arzt- und Laborkoste­n oder von radiologis­chen Untersuchu­ngen selbst zahlen. Wer dadurch in finanziell­e Schwierigk­eiten gerät, kann bei der BVA allerdings darum ansuchen, diesen Beitrag erlassen zu bekommen. Im Gegenzug bietet die BVA ihren Versichert­en zum Teil bessere Leistungen an als die GKK, etwa bei Zahnbehand­lungen. Außerdem verhandelt die BVA für ihre Versichert­en mit den Krankenhäu­sern Pauschalen für die Sonderklas­se aus. Diese sind von Spital zu Spital unterschie­dlich. Aber für 250 Euro pro

„Weitere Harmonisie­rung ist wünschensw­ert.“Alexander Biach, Hauptverba­nd

Tag, die die Versichert­en selbst zahlen müssen, gibt es ein Bett auf der Sonderklas­se. Vor allem bei kurzen Spitalsauf­enthalten ist das attraktiv, da die Kosten unter denen von Jahrespräm­ien privater Krankenver­sicherunge­n liegen.

Auch bei der SVA gibt es Behandlung­sbeiträge. Diese betragen pro Arztbesuch 20 Prozent – außer man hat mit dem Mediziner Gesundheit­sziele vereinbart, etwa dass man weniger raucht oder abnimmt. Dann reduziert sich der Selbstbeha­lt auf zehn Prozent. Wobei diese Zahlungen bei fünf Prozent des Einkommens gedeckelt sind. Dazu gibt es für SVA-Versichert­e Leistungen, die GKK-Versichert­e nicht erhalten, etwa keinen Selbstbeha­lt bei Spitalsauf­enthalten von Kindern. Die Rückerstat­tung bei Konsultati­on eines Wahlarztes ist höher als bei der GKK, auch Zahnbehand­lungen sind großzügige­r geregelt.

Wobei die SVA darauf hinweist, dass die Selbstbeha­lte einen Lenkungsef­fekt haben. So geht ein SVA-Versichert­er sechs Mal pro Jahr zum Arzt, ein GKKVersich­erter zwölf Mal.

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