Korea-Gipfel? Vielleicht. Oder nicht.
Erst drohte Nordkorea damit, den geplanten Gipfel platzen zu lassen. Nun kann sich auch der US-Präsident vorstellen, das Treffen zumindest zu verschieben.
Die Lobeshymnen im Vorfeld waren zahlreich. Schon brachten die treuesten Fans ihr Idol Donald Trump für den Friedensnobelpreis in Stellung. Eine nukleare Entwaffnung Nordkoreas schien so gut wie sicher. Trumps Strategie des „maximalen Drucks“hatte gewonnen.
Jetzt reiben sich die Amerikaner erstaunt die Augen: Am 12. Juni sollte in Singapur das historische Gipfeltreffen zwischen den Führern Nordkoreas und den USA stattfinden. Nun sagte Trump, die Chance sei „groß“, dass der Gipfel gar nicht stattfinde. „Wir werden sehen, was passiert“, meinte der US-Präsident. „Wenn es nicht passiert, wird es vielleicht später passieren.“
Der Grund für das mögliche Scheitern: Das Weiße Haus musste zur Kenntnis nehmen, dass Nordkoreas Herrscher Kim Jong Un andere Interessen hat als Donald Trump. Die Amerikaner bestehen auf einer „vollständigen, unumkehrbaren und überprüfbaren“Denuklearisierung des Nordens. Erst dann soll es Sicherheitsgarantien für Kim und Wirtschaftshilfen geben.
Kim dagegen denkt nicht daran, seine Atomwaffen – und damit sich selbst – aufzugeben. Für ihn scheint, wenn überhaupt, eine Lösung über einen längeren Zeitraum vorstellbar: Erst eine Lockerung der Sanktionen, dann über Jahre hinweg ein langsamer Abbau des nuklearen Arsenals.
An eine einseitige Entnuklearisierung ohne koordinierte Gegenleistungen sei nicht zu denken, verlautet aus Pjöngjang. Pjöngjangs Verbündeter China sprach von „synchronen Schritten“, die notwendig seien.
Wenig hilfreich waren die Auftritte von Trumps Sicherheitsberater John Bolton und Vizepräsident Mike Pence. Bolton machte sich in TV-Shows für das „Libyen-Modell“ stark, als Muammar al-Gadafi 2003 sein Atomwaffenprogramm für das Ende von Sanktionen aufgab. Das Ende der Geschichte ist bekannt: Der Westen half beim Sturz Gadafis, er wurde von seinen Gegnern ermordet.
Vizepräsident Mike Pence legte in Trumps Haussender Fox TV nach: Nordkorea werde „wie das libysche Modell enden, wenn Kim Jong Un keinen Deal macht“, drohte er. „Es wäre ein großer Fehler von Kim, zu glauben, er könne Donald Trump austricksen.“Aussagen, die in Nordkorea nicht gerade gut ankamen.
Südkoreas Präsident Moon Jae In, der als eine Art Vermittler zwischen Trump und Kim fungiert, versuchte nun bei einem Besuch in Washington, den Gipfel zu retten. Nach dem Treffen sagte Trump, er garantiere Kims Sicherheit, und ließ auch eine gewisse Flexibilität beim Thema nukleare Abrüstung erkennen. Völlig offen blieb, welche Gegenleistungen und Schutzmaßnahmen Trump offerieren würde. „Er wird sicher sein, er wird glücklich sein, sein Volk wird reich sein“, sagte Trump an Kims Adresse.
Doch die neue Flexibilität des US-Präsidenten könnte den Gipfel retten. Immerhin scheinen sowohl Kim als auch Trump brennend an dem Treffen interessiert. Kims Regime hat jahrelang strategisch darauf hingearbeitet, eine solide Verhandlungsposition für solche Gespräche zu schaffen.
Trump wiederum sieht einen Handschlag mit Kim als Möglichkeit, sich persönlich ins Rampenlicht zu setzen. Ein Erfolg wäre angesichts der nahenden Kongresswahlen im November für den innenpolitisch belagerten Präsidenten von sehr großem Wert.
Das Weiße Haus hat jedenfalls bereits Gedenkmünzen prägen lassen. Die Münzen zeigen Trump und Kim, der als „Supreme Leader“(„Oberster Führer“) bezeichnet wird, auf der einen Seite und die Präsidentenmaschine „Air Force One“über dem Weißen Haus auf der Rückseite. Die Vorderseite ist mit Olivenzweigen umrandet, einem Symbol für Frieden.
„Er wird sicher sein, er wird glücklich sein. Sein Volk wird reich sein.“Donald Trump zu Kim Jong Un