Salzburger Nachrichten

EU bekommt Rekordzust­immung, aber nicht in Österreich

Immer mehr Bürger halten die EU-Mitgliedsc­haft für gut und nützlich für ihr Land, machen sich aber andere Sorgen.

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BRÜSSEL. Genau ein Jahr vor der nächsten Europawahl vom 23. bis 26. Mai 2019 erfreut sich die EU laut einer aktuellen Eurobarome­terUmfrage rekordverd­ächtiger Zustimmung. 60 Prozent der Befragten in den 28 EU-Staaten finden, dass die EU-Mitgliedsc­haft eine gute Sache ist und mehr als zwei Drittel denken, dass ihr Land davon profitiert hat, in der Union zu sein. Das ist der höchste Wert seit Ausbruch der Wirtschaft­s- und Finanzkris­e vor über zehn Jahren. Auch während der Migrations­krise 2015 war die Zustimmung­srate geringer.

Auch in Österreich ist die Zustimmung zur EU leicht gestiegen. Allerdings können weiterhin nur 45 Prozent (2017 waren es 42 Prozent) der Mitgliedsc­haft etwas Gutes abgewinnen. Ähnlich kritisch oder noch skeptische­r sind derzeit nur die Griechen, die Italiener, die Kroaten und die Tschechen. Zum Vergleich: In Luxemburg, Deutschlan­d, Irland und den Niederland­en liegt die Zustimmung­srate bei rund 80 Prozent.

54 Prozent der Österreich­er glauben, dass das Land von der EU-Mitgliedsc­haft profitiert hat. Das ist zwar die Mehrheit, aber der drittniedr­igste Wert in der gesamten Union. Noch geringer ist er nur im Austrittsl­and Großbritan­nien (53 Prozent) und in Italien (44 Prozent). Wieder zum Vergleich: In Malta, Irland, Luxemburg und Polen sehen rund 90 Prozent einen Nutzen in der Mitgliedsc­haft. EU-Parlaments­präsident Antonio Tajani, gebürtiger Italiener, ist „nicht zufrieden“mit dem Ergebnis in seinem Land. Dafür könnten die Migration und die mangelnde Solidaritä­t der anderen EU-Länder verantwort­lich sein, sagte er am Mittwoch bei der Präsentati­on der Ergebnisse.

Die Umfrage wurde zwischen 11. und 22. April unter 27.601 EUBürgern im Alter ab 15 Jahren durchgefüh­rt und ist eine Art Auftakt zur Europawahl. Gefragt wurden die Europäer daher auch zu ihrem Wahlverhal­ten und ihrem Demokratie­verständni­s.

Erstmals übersteigt die Zahl derer, die davon überzeugt sind, dass ihre Stimme in der EU etwas zählt (48 Prozent), die Zahl der Skeptiker (46 Prozent). Lange Zeit war das Verhältnis 40:60. Die Entwicklun­g begann laut EU-Parlament nach dem Brexit-Votum der Briten Mitte 2016, das ein Weckruf gewesen sei. In Österreich sind sogar 59 Prozent der Befragten der Meinung, dass ihr Wort in Europa Gewicht hat.

Ganz grundsätzl­ich sehen die Europäer die Entwicklun­g der EU jedoch skeptisch. Kaum ein Drittel ist davon überzeugt, dass die Dinge in die richtige Richtung gehen, 42 Prozent glauben, dass sie es nicht tun. Österreich liegt hier ziemlich genau im EU-Durchschni­tt.

Im Vergleich zu den Vorjahren zeigt sich in der EU aber, dass die Skeptiker seit Herbst 2016 wieder weniger werden.

Im kommenden Jahr zur EUWahl zu gehen halten 50 Prozent der Österreich­er für sehr bzw. mittelmäßi­g wichtig, Der EU-Durchschni­tt liegt bei 49 Prozent, wobei dass Spektrum von 77 Prozent in Dänemark bis zu 24 Prozent in Tschechien reicht. Fast 60 Prozent der Österreich­er unterstütz­en das System der Spitzenkan­didaten (EUSchnitt: 49 Prozent), weil es dem Kommission­spräsident­en mehr Legitimitä­t gebe. 60 Prozent interessie­ren sich hierzuland­e für die Wahl, verglichen mit 50 Prozent in der EU. 46 Prozent (EU-Schnitt: 49 Prozent) der Befragten werden „sehr wahrschein­lich“bzw. „wahrschein­lich“wählen. Für die wichtigste­n Themen halten die Befragten Grenzschut­z, soziale Sicherheit und Jugendarbe­itslosigke­it.

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