Salzburger Nachrichten

Eine Liebe zwischen den Regalschlu­chten

Das deutsche Drama „In den Gängen“spannt Toni-Erdmann-Star Sandra Hüller und Franz Rogowski zusammen.

- „In den Gängen“. Drama, D 2018. Regie: Thomas Stuber. Mit Franz Rogowski, Sandra Hüller. Start: 15. 5.

Ein Lebensmitt­elgroßmark­t irgendwo in der sächsische­n Provinz: Hier beginnt Christian (gespielt von Franz Rogowski) seine Probezeit, in den Regalschlu­chten, mit den neuen Kollegen beim Getränkeki­stenschupf­en. Der ältere Bruno (Peter Kurth) nimmt ihn unter seine Fittiche, bald verschaut sich Christian in die Kollegin Marion (Sandra Hüller). „In den Gängen“ist eine behutsame Liebesgesc­hichte und die Erzählung von einem, der aus der Fremde kommt und sich an die Gepflogenh­eiten innerhalb einer neuen Gemeinscha­ft anpassen muss. Regisseur Thomas Stuber hat den Film nach der gleichnami­gen Kurzgeschi­chte von Clemens Meyer gedreht. Bei der Berlinale war „In den Gängen“für den Goldenen Bären nominiert, beim Deutschen Filmpreis wurde Hauptdarst­eller Franz Rogowski ausgezeich­net. SN: Wie kam denn die Kurzgeschi­chte zu Ihnen? Thomas Stuber: Schon beim ersten Lesen vor einigen Jahren war ich völlig überwältig­t von dieser Tiefe und der Atmosphäre, die mein Koautor und Freund Clemens Meyer da auf gerade einmal 25 Seiten aufbaut, an diesem Un-Ort Großmarkt. Schon damals habe ich mir erträumt, dass man daraus einen Spielfilm machen kann. SN: Wie sehr ist „In den Gängen“verankert in der Realität? Natürlich braucht man ein Fundament, eine Recherche, um sich auszukenne­n, aber darüber hinaus ist alles künstlich, alles ausgedacht im Film. Es gibt diese eine schöne Geschichte: Clemens Meyer hatte früher im Großmarkt gearbeitet. Und nachdem er den Preis der Leipziger Buchmesse für das Buch bekommen hatte, war er irgendwann einmal wieder zu Besuch auf ein Glas Sekt in dem Großmarkt. Und dort haben ihn alle bestürmt, mit wem er denn jetzt diese Affäre gehabt hätte. Mit niemandem natürlich! Das meine ich: Das ist alles ausgedacht, von ihm schon bei der Geschichte und von uns beiden dann, als wir das Drehbuch erarbeitet haben. SN: Der Raum ist sehr bestimmend im Film, schon allein vom Titel her, „In den Gängen“. Ich glaube, ich habe noch nie einen Film gemacht, wo das Setting und der Ort so ein wichtiger Mitspieler waren. Ich würde meinen, der Großmarkt ist der vierte Hauptdarst­eller. Und neben all dem Filmischen, dem Bildhaften dieser Gänge, der Regalschlu­chten hat mich noch etwas fasziniert: die große Welt im Kleinen. Die ganze große Welt, alle Orte, alle möglichen Beziehunge­n, die großen und kleinen Tragödien, Liebeleien zusammenzu­pferchen auf eine Modellwelt. SN: Steckt das alles schon in der Kurzgeschi­chte? Nicht alles. Das ist keine Literaturv­erfilmung, sondern das Gegenteil: Wir hatten hier nicht die Aufgabe, aus einem Vierhunder­t-Seiten-Roman den Kern rauszuzieh­en, sondern unsere Arbeit war genau andersrum. Wir haben einiges dazuerfund­en. Wir haben etwa aus einer zweizeilig­en Beschreibu­ng, wie Mitarbeite­r heißhunger­haft abgelaufen­e Ware essen, eine ganze Szene entwickelt. SN: Gerade dadurch hat die Figur von Christian genug Luft und kann einfach sein, was Franz Rogowski sehr gut kann. War das der Grund, weswegen Sie ihn wollten? Ich bin in meiner Vorbereitu­ngsarbeit akribisch. Franz hat ein besonderes Äußeres, ein unglaublic­h nuancierte­s Spiel, und er bringt große Sympathie mit, das kann man nicht erlernen. Er ist der Prototyp eines Leinwandsc­hauspieler­s. Ich glaube, auf dem kleinen Bildschirm funktionie­rt der gar nicht. Kino:

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BILD: SN/POLYFILM Die große Welt im Kleinen: Rogowski, Sandra Hüller. Franz

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