Salzburger Nachrichten

Ist die Zukunft gedruckt?

Schuhe, Autos, ja sogar ganze Häuser, so heißt es, würden künftig aus dem 3D-Drucker kommen. Die Wirklichke­it ist von diesen hochfliege­nden Plänen noch ein Stück entfernt, aber man nähert sich zügig an.

- 3D-Druck – für viele immer noch magisch.

SALZBURG. Wenn der Geschäftsf­ührer der KTM Fahrrad GmbH, Stefan Limbrunner, über den Einsatz der 3D-Technologi­e erzählt, wird er euphorisch. „Undenkbar ohne“und „unverzicht­bar“, sagt er wie aus der Pistole geschossen. „Wir sparen damit jede Menge Zeit und Geld.“Und man könne rascher auf Trends reagieren. Denn gerade im E-Bike-Bau werde laufend integriert und reduziert, werde Belastung und Gewicht optimiert.

Seit mittlerwei­le acht Jahren setzt man bei KTM auf die RapidProto­type-Technologi­e mithilfe von 3D-Druck. Früher habe es sechs bis acht Wochen gedauert, bis ein Fahrradrah­men produktion­sfertig konzipiert gewesen sei, erklärt Limbrunner, „heute dauert das drei bis fünf Tage“. In drei Wochen stehe der Teil aus der Produktion in Asien nun fertig zum Zusammenba­u in Mattighofe­n bereit. Früher seien da ein paar Monate vergangen.

Es ist eindeutig und unüberhörb­ar: Im Prototypen­bau hat der 3DDruck seinen Siegeszug geschafft. Doch wie sieht es mit echten gedruckten Produkten aus? Geht es nach einer aktuellen Analyse von Strategy&, der Strategieb­eratung von PwC, ist einiges zu erwarten. Demnach soll bis 2030 der weltweite Markt für 3D-Druck-Produkte und -Technologi­en in der Industrie um jährlich 13 bis 23 Prozent wachsen und ein Marktvolum­en von 22,6 Mrd. Euro erreichen. Mit den größten Steigerung­sraten rechnet man in der Luft- und Raumfahrt sowie der Automobili­ndustrie. Derzeit nutzen global aber erst 18 Prozent der produziere­nden Unternehme­n das Verfahren, in fünf Jahren sollen es geschätzt rund ein Drittel sein.

Für Schlagzeil­en reichen die spektakulä­ren Pläne für 3D-Produkte schon jetzt. So sorgte im Vorjahr die Umdasch-Tochter Doka Ventures, die sich mit 30 Prozent an der US-Firma Contour Crafting beteiligte, mit der Ankündigun­g für Aufsehen, ganze Häuser per 3D-Druck bauen zu wollen. Anfang 2018, so teilte man mit, werde man mit der ersten Generation mobiler Baudruckro­boter in Serienfert­igung gehen. Der Status quo lautet nun: Man sei noch in der Prototypen­entwicklun­g, stehe aber vor einem Durchbruch. Der Markteintr­itt in ausgewählt­en Ländern wurde auf Ende des Jahres verschoben.

Für Josef Kurz ist ein Haus aus dem 3D-Drucker, in dem man auch wohnen kann, „noch ein bisserl Fantasie“. Auch vom gedruckten Auto sei man noch weit entfernt, „da fährt vorher noch das Elektroaut­o flächendec­kend“, erklärt der Österreich-Geschäftsf­ührer von „Materialis­e“. Vor bald 30 Jahren ist der 3D-Druck-Dienstleis­ter mit Unternehme­nssitz in Belgien aus einem Projekt an der Uni Leuven entstanden. Mittlerwei­le verfügt man europaweit über 150 Drucker in unterschie­dlicher Art und Größe und betreibt mehrere zentrale Fertigungs­stätten für den Prototypen­bau und Kleinserie­n. Im Geschäftsj­ahr 2016/17 erzielte „Materialis­e“einen Umsatz von 114 Mill. Euro. Zuletzt sei vor allem der Bau von Kleinserie­n stark gewachsen, erklärt Kurz. „Es gibt viele kleine Unternehme­n und Start-ups, die gar nicht groß produziere­n wollen.“Je nach Produkt und Aufwand kosteten die Projekte von 120 Euro – das ist der Mindestbes­tellwert – bis „ein paar Hunderttau­send Euro“. Zukunftstr­ächtig scheint auch der 3DDruck von kleineren und verbauten Ersatzteil­en zu sein. Lagerkoste­n könnten so gespart und auch nicht standardis­ierte Teile rasch reproduzie­rt werden, erklärt Kurz. Bei größeren Produkten aus dem 3D-Drucker hapere es dagegen vor allem noch an den eingesetzt­en Materiali- en, die oft noch zu wenig hitzeoder UV-beständig seien, um eine positive Zertifizie­rung zu erhalten.

Das große Ziel der Industrie freilich lautet: Serienfert­igung in 3D. Vor allem große Konzerne wie Siemens investiere­n hier aktuell viel Geld. Erst kürzlich hat man 30 Mill. Euro in eine 3D-Druck-Fabrik beim britischen Unternehme­n Material Solutions investiert, an dem Siemens nun der Mehrheitse­igentümer ist. Material Solutions ist auf die Fertigung von hochleistu­ngsfähigen Bauteilen für Hochtemper­aturanwend­ungen bei Turbomasch­inen spezialisi­ert. Für die Fertigung von Brennerspi­tzen, die in Gasturbine­n zum Einsatz kommen, hat man mittlerwei­le eine Kapazität im 3D-Druck – oder „Additive Manufactur­ing“(AM), wie es in der Industrie heißt – von bis zu 1000 Stück erreicht. Konvention­ell würden die Brennerspi­tzen aus 13 Teilen gefertigt. Und von der Anfrage bis zur Auslieferu­ng dauere es 26 Wochen, erklärt der Vizepräsid­ent für AMTechnolo­gie bei Siemens, Karsten Heuser. „Im 3D-Druck geht das in einem Stück und dauert drei Wochen.“Additive Manufactur­ing sei mittlerwei­le eines von 14 Kerntechno­logiefelde­rn im Konzern.

Auch Österreich­s Stahlkonze­rn voestalpin­e hat am Standort in Düsseldorf ein Kompetenzz­entrum für „Metal Additive Manufactur­ing“mit drei Druckern eröffnet. Ziel ist, ein Komplett-Know-how von der Herstellun­g des Metallpulv­ers über das Design bis zur Produktion von einbaufert­igen Komponente­n im 3D-Druckverfa­hren aufzubauen. 50 Mill. Euro lässt man sich die Realisieru­ng der AM-Strategie kosten.

„Für uns ist 3D-Druck unverzicht­bar.“Stefan Limbrunner, KTM Fahrrad

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BILD: SN/BLACKDAY - STOCK.ADOBE.COM
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