Salzburger Nachrichten

Trump sagt den Gipfel mit Kim ab

Es wäre ein Zeitfenste­r für einen großen Wurf gewesen. Doch das Weiße Haus schreckte zurück – angeblich vor Nordkoreas Rhetorik.

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US-Präsident Donald Trump hat die geplante Begegnung mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un abgesagt. In einem Brief führt er die Gründe dafür an. Und er droht.

US-Präsident Donald Trump hat das geplante Gipfeltref­fen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un abgesagt. Er begründete dies in einem Brief an Kim mit der jüngsten „offenen Feindselig­keit“Nordkoreas. Er verband die Absage mit einer Drohung: „Sie reden von Ihren Kernwaffen, aber unsere sind so viel größer und mächtiger, dass ich bete, dass wir sie nicht benutzen müssen.“

Pjöngjang hatte Äußerungen von US-Vizepräsid­ent Mike Pence, mit denen er Pjöngjangs Führung das Schicksal des libyschen Diktators Gadafi androhte, als „ignorant und dumm“bezeichnet. Vizeaußenm­inisterin Choe Son Hui meinte, ob sich beide Seiten am Verhandlun­gstisch oder bei einer „nuklearen Machtprobe“begegneten, hänge vom Verhalten der USA ab.

Die Absage des Gipfels durch Trump demütigt Kim und bedeutet einen Gesichtsve­rlust. Der Hauptgrund dafür, dass er sich überhaupt zu Gesprächen bereit erklärt hatte, lag in der klugen Politik der südkoreani­schen Präsidente­n Moon Jae In. Dieser hatte klargemach­t, dass Kim die Hand ausstrecke­n könne, ohne eine Zurückweis­ung befürchten zu müssen. Denn das ist der entscheide­nde Faktor für Kim: Sein Bild im In- und Ausland und die Anerkennun­g, die er als vermeintli­ch wichtiger Staatenlen­ker erhält.

Die Sorge galt vorerst den westlichen Journalist­en, die zur Stilllegun­g von Kims Atomtestge­lände nach Nordkorea gereist waren. Sie Journalist­en hatten noch am Donnerstag­vormittag von der Sprengung der Tunnel auf dem Testgeländ­e berichtet. Kim war mit dem Angebot, das Areal außer Betrieb zu setzen, in Vorleistun­g gegangen.

Experten sehen die Schuld für das Scheitern des Treffens vor allem bei Trump. Das Weiße Haus habe die Äußerungen Nordkoreas „übel fehlinterp­retiert“, meinte Daryl Kimball von der Arms Control Associatio­n in Washington. Trumps Berater, darunter vor allem John Bolton, hätten den Gipfel „sabotiert“, indem sie Vergleiche mit Libyen gezogen hätten.

Jetzt überwiegen die Zweifel, ob es überhaupt gelingen kann, Nordkorea auf den Pfad produktive­r Gespräche zurückzufü­hren. Die Familie Kim neigt zum Rückzug und zu Drohungen, wenn das Ausland sie unter Druck setzt. Moon hatte das verstanden. Um Kim an den Verhandlun­gstisch zu locken, hatte er ihm ein angemessen­es Forum geboten und sogar buchstäbli­ch den Schritt in den Norden gewagt – nur symbolisch an der Grenzlinie, aber immerhin.

Andere Beobachter haben noch Hoffnung, dass die Gespräche wieder in Gang kommen. „Der Brief enthält auch versöhnlic­he Töne und die Einladung zur Fortsetzun­g des Dialogs“, twittert Toshi Ogata, Außenpolit­ikexperte der japanische­n Tageszeitu­ng „Asahi Shimbun“. „Eine Wiederaufe­rstehung des Annäherung­sprozesses ist durchaus möglich.“Der Ball liege jetzt auf der Seite Nordkoreas. Jetzt komme es auf die Reaktion Kims an.

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BILD: SN/AFP Falsch eingeschät­zt: Das Weiße Haus hat sich im Spiel mit Kim Jong Un verdribbel­t.

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