Wie sich der Rechtsstaat bewährt
Juristentag in Salzburg: Was die Neuordnung der öffentlichen Gerichtsbarkeit gebracht hat.
Hat sich die im Jahr 2014 in Kraft getretene Neuordnung der Gerichtsbarkeit des öffentlichen Rechts bewährt? Diese Frage beschäftigt den 20. Österreichischen Juristentag, der derzeit unter dem Motto „Bewährung des Rechtsstaats“in Salzburg stattfindet.
Der Salzburger Jurist Stefan Griller kommt in seinem am Juristentag vorgestellten Gutachten zur Verwaltungsgerichtsbarkeitsreform zu dem Schluss, dass die Neuordnung „eine wesentliche Verbesserung rechtsstaatlicher Standards der Verwaltungskontrolle in Österreich“gebracht hat. Im Hintergrund der Reform standen einerseits Anforderungen an den Rechtsschutz, die sich aus der europäischen Menschenrechtskonvention und der Grundrechtecharta der EU ergaben, andererseits das Ziel der Entlastung der notorisch überbeanspruchten Höchstgerichte Verwaltungsgerichtshof (VwGH) und Verfassungsgerichtshof (VfGH). Beiden Zielen sei der Gesetzgeber mit der Neuordnung „wesentlich näher gekommen“, befindet Griller. Mit dem Nachsatz: „Zielerreichung dürfte kaum jemals möglich sein“– was, so der Gutachter, allerdings auch der Natur der Ziele geschuldet sei.
Viele Österreicher, die sich über eine Behördenentscheidung ärgerten, konnten sich seit Anfang 2014 selbst von der Effizienz des neuen Rechtsschutzsystems mit rascheren und transparenteren Verfahren überzeugen, indem sie – ohne Anwaltszwang – direkt vor ein unabhängiges Verwaltungsgericht zogen.
2014 hatten die elf neuen Verwaltungsgerichte (zwei auf Bundes-, neun auf Landesebene) die über 120 Berufungssenate und Sonderbehörden abgelöst, die zuvor für Rechtsmittel zuständig waren. Oberste Instanz ist der Verwaltungsgerichtshof geblieben.
Neben den praktischen Erfahrungen mit der Verwaltungsge- richtsreform setzt sich das hochkarätige Juristenforum auch mit neuen Herausforderungen für das Vertragsrecht durch das digitale Zeitalter, mit der Verantwortung von Verbänden aus strafrechtlicher, abgabenrechtlicher und verwaltungsstrafrechtlicher Sicht und mit Fragen des Grundrechtsschutzes im Steuerrecht auseinander.
Der Österreichische Juristentag, dem VfGH-Vizepräsident Christoph Grabenwarter als Präsident vorsteht, bietet als politisch unabhängige Vereinigung seit seiner Gründung im Jahr 1959 heimischen Juristen das am längsten bestehende Forum zur Diskussion rechtspolitischer und rechtsdogmatischer Fragen in Österreich.