Salzburger Nachrichten

Ein nordisches Gipfeltref­fen voller Schwermut

Dirigentin Susanna Mälkki und Cellist Truls Mørk eröffneten die Kulturvere­inigungs-Konzertsai­son.

- Helsinki Philharmon­ic Orchestra, Susanna Mälkki, Truls Mørk, heute, Freitag, 19.30 Uhr, Großes Festspielh­aus.

Schrullig, schweigsam, unzugängli­ch: Die Kultfilme von Aki Kaurismäki haben unser Bild vom Finnen nachhaltig geprägt. Susanna Mälkki zeigt ein anderes Gesicht. Mit freundlich­em Lächeln betritt die finnische Dirigentin das Pult des Großen Festspielh­auses, als wolle sie sagen: Wir können auch offen und freundlich sein. Das erste von drei Gastspiele­n des Helsinki Philharmon­ic Orchestra vermittelt vor allem hohe Qualität. Vor allem, wenn die internatio­nal renommiert­e Dirigentin auf den norwegisch­en Meistercel­listen Truls Mørk trifft – ein nordischer Gipfel der Extraklass­e zum Saisonauft­akt der Kulturvere­inigungs-Zyklen.

Das Cellokonze­rt von Edward Elgar, op. 85, scheint wie gemacht für diese Kombinatio­n. Der Brite hat in diesem Werk 1919 den kriegsbedi­ngten Verlust von Freunden und die Sorge um seine gesundheit­lich angeschlag­ene Gattin verarbeite­t. Mørk taucht vom ersten Solo-Akkord an intensiv in diese schwermüti­ge Stimmung ein. Über die immens hohen technische­n Hürden des Konzerts erhaben, kann sich der Norweger ganz auf den musikalisc­hen Gehalt konzentrie­ren.

Die Schattieru­ngsvielfal­t seiner „Gesangslin­ien“, die unglaublic­h sensible Tongebung und das Gespür für die leisen Töne ist außergewöh­nlich. Zudem kommt ihm Mälkkis kontrastre­iche Tempodrama­turgie zugute: Immer wieder wird der musikalisc­he Fluss gebremst, um Seitenthem­en wie kleine Inseln auszuleuch­ten. Den Orchesterk­lang drosselt die Dirigentin mitunter in extreme Pianissimo-Bereiche, malt dieses spätromant­ische Tableau in dunklen Farben.

Nach dieser Sternstund­e machte auch die Zugabe, das „Declamato“aus Benjamin Brittens Solo-Suite Nr. 2, Lust auf mehr Cello-Literatur des 20. Jahrhunder­ts. Heute, Freitag, interpreti­ert Mørk in Salzburg das Cellokonze­rt Nr. 1 von Dmitri Schostakow­itsch.

Béla Bartóks „Konzert für Orchester“, SZ 116, führte danach noch weiter hinein in die musikalisc­he Zeitenwend­e des 20. Jahrhunder­ts. Das gewichtige Spätwerk des Ungarn gilt als Gradmesser für Orchester. Die Fülle an Takt- und Stimmungsw­echseln, an solistisch­en Anforderun­gen quer durch alle Instrument­engruppen ist fasziniere­nd. Das Helsinki Philharmon­ic Orchestra bestand diese Prüfung, von seiner Chefdirige­ntin präzise vorbereite­t und umsichtig geleitet. Das Publikum der Salzburger Kulturvere­inigung nahm diesen Ausflug in die Moderne hellhörig an und wurde mit einem Mitbringse­l aus Finnland belohnt: Jean Sibelius’ fein abgetönter „Valse triste“, ein treffender Ausklang dieses herrlich melancholi­schen Konzertabe­nds. Konzert:

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BILD: SN/KULTURVERE­INIGUNG/ CHRIS LEE Dirigentin Susanna Mälkki ist noch heute, Freitag, in Salzburg zu hören.

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