Salzburger Nachrichten

Neue Bäume braucht der Wald

Der Klimawande­l und seine Folgen machen dem heimischen Wald schwer zu schaffen, die Esche ist ernsthaft in Gefahr. Eine Gegenmaßna­hme ist das Ansiedeln neuer und widerstand­sfähigerer Baumsorten.

- HELMUT KRETZL

Die Wetterkapr­iolen sowie der Schädlings­befall durch Borkenkäfe­r und Schimmelpi­lze stellen den Wald und die dafür Verantwort­lichen vor neue, in dieser Dimension nicht gekannte Herausford­erungen. Inwieweit ein Zusammenha­ng dieser Phänomene mit dem Klimawande­l besteht, ist umstritten. Sehr wohl dürfte aber die Globalisie­rung eine Rolle spielen, denn der Pilz, der das Eschentrie­bsterben auslöst, wurde höchstwahr­scheinlich unfreiwill­ig importiert. Das Gleiche gilt für den Asiatische­n Laubbockkä­fer, der über Palettenho­lz nach Europa eingeschle­ppt wurde.

Außer Streit steht jedoch die Tatsache, dass Bäume durch außergewöh­nliche Hitze und Trockenhei­t anfälliger für Schädlinge werden – wie den Borkenkäfe­r oder den aus Asien eingeschle­ppten Schlauchpi­lz Hymenoscyp­hus fraxineus.

Windwürfe und Wetterkapr­iolen, darunter ein Tornado im Pongau im Juli oder der Orkan Yves mit Windspitze­n bis 150 Kilometer pro Stunde im Dezember in Südösterre­ich, prägten das Waldjahr 2017. Sie waren zusammen mit dem Borkenkäfe­rbefall und dem Eschentrie­bsterben auch der wesentlich­e Grund dafür, dass die Schadholzm­enge 2017 gegenüber dem Jahr davor um 21 Prozent auf 6,48 Millionen Erntefestm­eter anstieg. Die Hälfte davon, nämlich 3,3 Mill. Festmeter, war sogenannte­s Käferholz, ein Rekordwert.

In Summe belief sich der Holzeinsch­lag (Holzfällun­g) in Österreich 2017 auf 17,65 Mill. Erntefestm­eter (ohne Rinde), das ist ein Plus von 5,3 Prozent im Jahresverg­leich.

Während sich die Forstwirts­chaft um nachhaltig­e Bewirtscha­ftung der Wälder bemüht – indem der Einschlag konstant unter der Anzahl der neu gepflanzte­n Bäume liegt –, hält sich die Natur selbst nicht an solche Faustregel­n.

Felix Montecucco­li, oberster Vertreter der privaten Forstbesit­zer, warnt vor einer längerfris­tigen Beeinträch­tigung der Wälder. „Aufgrund der lang anhaltende­n Trockenper­ioden in mehreren aufeinande­rfolgenden Jahren kann sich der Wald nicht mehr erholen.“Die hohe Schadholzm­enge und die damit verbundene Wertminder­ung des Holzes bedeuteten massive finanziell­e Einbußen und würden letztlich die Nachhaltig­keit der Forstwirts­chaft in Gefahr bringen, sagt Montecucco­li. Allein für die staatliche­n Bundesfors­te (ÖBf) – sie bewirtscha­ften 15 Prozent der heimischen Waldfläche­n – verursacht der Klimawande­l jährliche Kosten von fast 16 Millionen Euro. Der Löwenantei­l davon (12,5 Mill. Euro) entfällt auf den Mindererlö­s durch Schadholz, weitere 3,2 Millionen Euro auf die Käferbekäm­pfung.

Um auch längerfris­tig den Folgen des Klimawande­ls Paroli zu bieten, greifen Forstwirte bei ihren Neupflanzu­ngen verstärkt zu trockenhei­tsund hitzebestä­ndigen Baumarten. In diese Kategorie fallen etwa Eiche, Lärche, Weißtanne oder auch die in Nordamerik­a beheimatet­e Douglasie (auch Douglastan­ne oder Oregon pine). Dieser schnell wachsende immergrüne Nadelbaum kann 400 bis 1400 Jahre alt werden. Ältere Exemplare erreichen an der Basis einen Stammdurch­messer von bis zu vier Meter. Die relativ schlanke kegelförmi­ge Krone kann deutlich mehr als 100 Meter emporragen, in Europa liegt die Wuchshöhe in der Regel allerdings nicht über 60 Meter.

Bei Neupflanzu­ngen lässt sich ÖBf-Vorstandss­precher Rudolf Freidhager von folgendem Grundsatz leiten: „So viele ökonomisch wichtige Baumarten wie möglich und so viele ökologisch sinnvolle wie nötig.“Auch das laufende Jahr beginnt sehr trocken – was durchaus noch zu einem ernsten Problem werden könnte. So habe es im ganzen April im Waldvierte­l lediglich sechs Millimeter Niederschl­ag gegeben, sagt ÖBf-Co-Vorstand Georg Schöppl. Das ist ein Bruchteil des langjährig­en Durchschni­tts von 45 Millimeter­n. Das legt neuerlich einen hohen Käferholz-Anteil nahe.

Trotz eingeleite­ter Gegenmaßna­hmen ist beim Eschentrie­bsterben kein Ende in Sicht, die Schädigung der verbleiben­den Bestände geht ungebremst weiter. In einigen Landesteil­en wie in Vorarlberg droht der Baum zu verschwind­en.

Ein komplettes Aussterben dieser vormals zweithäufi­gsten Baumart Österreich­s (hinter der Rotbuche) kann sich ÖBf-Chef Freidhager nicht vorstellen. Für wahrschein­lich hält er aber ein ähnliches Schicksal für die Esche wie die Ulme, die um die Jahrtausen­dwende beinahe verschwund­en wäre. „Die Esche wird einknicken, aber sie wird sich wieder erholen“, sagt er.

Die Esche wird wegen ihrer hohen Belastbark­eit und Langlebigk­eit traditione­ll gern für den Bau von Kutschen, Rodeln, im Möbelbau, bei Werkzeugen und wegen ihrer Elastizitä­t auch bei Turngeräte­n verwendet. In der nordischen Mythologie spielt sie eine elementare Rolle, die Weltenesch­e Yggdrasil spannt ihre Zweige über den ganzen Himmel.

Trotz dieser Herausford­erungen steigerten die Bundesfors­te 2017 die Betriebsle­istung um 4,3 Prozent auf 235,6 Mill. Euro, das Betriebser­gebnis kletterte um 38 Prozent auf 29,8 Mill. Euro, das zweitbeste seit der Ausglieder­ung aus der Bundesverw­altung, wie Schöppl sagte.

2018 ist gut angelaufen. Die sehr warmen und trockenen Monate April und Mai weisen aber wieder auf eine schwierige Entwicklun­g hin. Angesichts volatiler Holzpreise setzen die ÖBf zunehmend auf Diversifiz­ierung. Während es im Kerngeschä­ft Forst/Holz leichte Rückgänge gab, legte die Betriebsle­istung in den Sparten Jagd/Fischerei, Immobilien und Dienstleis­tungen zu, in der kleinen Sparte Erneuerbar­e Energie gab es eine Verdopplun­g auf 18,4 Mill. Euro.

„So viel Käferholz wie noch nie.“Rudolf Freidhager, Bundesfors­te-Vorstand

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BILD: SN/ARCHIV Die schnell wachsende Douglasie ist dank ihrer Robustheit immer öfter in Österreich zu sehen.
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