Salzburger Nachrichten

Gästebette­n im Großeinkau­f

Die Destinatio­ns Touristic Services (DTS) und die Eurotours sind die größten Verschubba­hnhöfe für Hotelbette­n. Auch wenn touristisc­he Produkte aus ganz Europa verkauft werden, zieht auch Österreich­s Hotellerie daraus Nutzen.

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SALZBURG. In dem Geschäftsg­ebäude in Wals-Himmelreic­h, wo früher der Händler Fressnapf Produkte für die lieben Haustiere ein- und verkaufte, geht es nun bei DTS um höchst Menschlich­es, nämlich um Urlaub und Gästebette­n. Hinter DTS (Destinatio­ns Touristic Services Incoming) verbirgt sich die „touristisc­he Produktbes­chaffung“für die Touristik des Rewe-Handelskon­zerns, die zuletzt einen beachtlich­en Jahresumsa­tz von 6,3 Mrd. Euro schaffte. Bis zu 40 Mitarbeite­r sind bei DTS damit beschäftig­t, vorwiegend Hotelbette­n aus Österreich, aber auch aus Kroatien, Slowenien, der Schweiz, Südtirol und Süddeutsch­land für die europaweit verzweigte­n Tourismusm­arken der Rewe Group zu organisier­en – dazu gehören unter anderem Dertour, Kuoni, Jahn Reisen und ITS Billa Reisen.

Vergleichb­are Aufgaben bewältigen die Mitarbeite­r von Eurotours in Kitzbühel. Der Gesamtumsa­tz belief sich hier im Vorjahr auf 343,7 Millionen Euro (plus 10,3 Prozent gegenüber 2016). Eine detaillier­te Zuordnung ist dabei schwierig, da unter anderem auch der riesige Brocken Hofer-Reisen enthalten ist.

In den Bilanzunte­rlagen 2017 werden von der Konzernmut­ter Verkehrsbü­ro Group insgesamt 121 Mitarbeite­r und 95,6 Mill. Euro Umsatz dem Bereich Incoming zugeordnet. „Ich selbst mag das Wort Incoming nicht. Aber trotz Brainstorm­ings ist uns dafür noch keine griffige Bezeichnun­g eingefalle­n“, sagt Verkehrsbü­ro-Vorstand und Eurotours-Chefin Helga Freund.

Incoming ist im Reisebürog­eschäft der technische Begriff für alles, was im Zielgebiet des Touristen abgewickel­t wird. Vom Produktein­kauf wie Hotels oder Transferle­istungen bis hin zur Betreuung der Gäste. Wenn, wie bei Eurotours, aber die Pakete immer komplexer und immer öfter auch grenzübers­chreitende Reisen zusammenge­stellt werden oder das Incoming überhaupt von Österreich aus für zahlreiche andere Destinatio­nen erfolgt, dann wird die Zuordnung problemati­sch.

Auch beim Fachverban­d der Reisebüros in der Wirtschaft­skammer weiß man nicht, wie viele der über 9000 Reisebürom­itarbeiter dem Österreich-Incoming zuzuordnen sind. Neben Eurotours und DTS sind traditione­ll zahlreiche regionale Reisebüros und Busunterne­hmer Incomer und mit TUI ist ein weiterer Großkonzer­n präsent. Hinzu kommt Mondial in Wien und Baden als weitere Incoming-Größe, die neben einem Convention-Schwerpunk­t längst auch zahlreiche Hotels und Alpenhütte­n über die Reisebüros­chiene vermarktet.

Den genannten Incomern ist gemein, dass sie Kontingent­verträge mit Hoteliers abschließe­n und so über Bettenbank­en verfügen. Was dann passiert, ist unterschie­dlich. Eurotours stellt die Weichen in unterschie­dlichste Kanäle. „Wir konsolidie­ren und vermarkten dann internatio­nal über klassische Reiseveran­stalter, Direktvert­rieb wie Hofer-Reisen oder Onlineplat­tformen“, erläutert Helga Freund. Am Ende würden zwei Drittel der Umsätze innerhalb des Konzerns erzielt, der Rest über externe Veranstalt­er oder Onlineport­ale.

Bei DTS verbleiben 100 Prozent im Konzern. „Unsere Aufgabe ist es, für die zahlreiche­n Veranstalt­er wie Dertour, Jahn, ITS Billa Reisen, ADAC oder Kuoni Produkte aus Österreich und den Nachbarsta­aten bereitzust­ellen“, erklärt DTS-Geschäftsf­ührer Reinhard Stifter. 260.000 Kunden sind das pro Jahr, davon landen 100.000 Reisende in Österreich. In Zukunft kann sich Stifter vorstellen, auch Restkontin­gente über externe Veranstalt­er zu vermarkten. Schon bisher füttert seine Bettenbank über die Veranstalt­er auch Onlineport­ale wie Trivago.

Online ist es heute auch möglich, unmittelba­r nach der Rückkehr bereits für das kommende Jahr seine Buchung beim Reiseveran­stalter zu fixieren. Lange bevor Kataloge gedruckt sind. Womit auch ein Vorteil für den Hotelier zum Tragen kommt. „Das Geschäft wird sonst immer kurzfristi­ger. Doch Veranstalt­er stehen für eine langfristi­ge Auslastung, das schätzen unsere Hoteliers“, hebt Stifter hervor. Geschätzt werde auch der Markentran­sfer. In Katalogen von Kuoni oder Dertour aufzuschei­nen kann Hotels durchaus aufwerten. Manche spekuliere­n durch die werbliche Präsenz auch damit, dass Kunden direkt im Hotel anrufen. Weil der Platz in den Katalogen, die über 10.000 Reisebüros in 14 Ländern vertrieben werden, teuer ist, verlangt der Einkäufer entspreche­nde Kontingent­e mit hohen Provisione­n beziehungs­weise niedrigen Nettopreis­en.

Doch höhere Preise werden von den Hotels auch über Onlineplat­tformen wie booking.com kaum erzielt. „booking.com verlagert die Arbeit an den Hotelier“, betont Stifter. DTS habe ein Servicecen­ter, das die Hoteliers persönlich betreut. Auch wenn Zimmer in letzter Minute frei werden oder ein Kontingent kurzfristi­g reduziert werden soll.

Bei DTS kommen drei Viertel der Buchungen über vorwiegend deutschspr­achige Kataloge, DTS tritt dabei als Vermittler für die Veranstalt­er auf. Eurotours macht über Besorgerve­rträge Nettoverei­nbarungen. Welcher Gast letztlich anreist, ist offen. Die EU-Bestimmung­en ermögliche­n es nicht mehr, in einem Vertrag unterschie­dliche Preise für unterschie­dliche Nationalit­äten festzulege­n. Dass in der Verhandlun­g der Einkäufer bei der Preisgesta­ltung gern mit „armen“Osteuropäe­rn argumentie­rt wird, schlussend­lich aber versucht wird, das Hotel in Hochpreisl­ändern zu vermarkten, zählt zu den Tricks, mit denen Incoming-Büros ihre niedrigen Margen auffetten.

„Wir stehen für langfristi­ge Auslastung.“

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BILD: SN/EUROTOURS Die EurotoursZ­entrale in Kitzbühel.
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Reinhard Stifter, DTS-Geschäftsf­ührer

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