Harvey Weinstein stellte sich der Polizei
Zahlreiche Frauen werfen dem einstigen Hollywood-Mogul sexuelle Übergriffe vor. Am Freitag wurde der 66-Jährige angeklagt.
Dunkles Jackett, weißes Hemd, blauer Pullover, Bücher unter dem Arm: So erschien Harvey Weinstein am Freitag gegen 7.30 Uhr (Ortszeit) vor einer Wache der New Yorker Polizei im Süden Manhattans. Dutzende Journalisten und Schaulustige warteten bereits vor dem Gebäude, die Gehsteige waren mit Gittern abgesperrt. In Begleitung seiner Anwälte betrat der einstige Hollywood-Mogul kommentarlos die Polizeiwache. Er wurde dort festgenommen, zudem wurde die Anklage verlesen. Rund eine Stunde später erschien er wieder – in Handschellen – und wurde zum Gericht gebracht. Die Ermittlungen liefen seit Monaten, auch in London und Los Angeles.
Der 66-Jährige wurde anschließend vom Gericht wegen sexueller Übergriffe angeklagt. Weinstein würden Vergewaltigung und ein krimineller sexueller Akt vorgeworfen, teilte die Staatsanwaltschaft am Freitag mit. US-Medien berichteten, dass es sich dabei um erzwungenen Oralsex handle. Der Staatsanwaltschaft zufolge geht es um Vorfälle aus den Jahren 2013 und 2004. Die Kaution wurde auf eine Million Dollar (852.660 Euro) festgesetzt.
Weinstein bekomme ein Überwachungsgerät, teilte die Staatsanwaltschaft weiter mit. Er habe seinen Pass abgegeben und müsse um Erlaubnis bitten, wenn er die USBundesstaaten New York und Connecticut verlassen wolle. Die nächste Gerichtsanhörung wurde für den 30. Juli angesetzt. „Die heutige Anklage zeigt bedeutenden Fortschritt in dieser andauernden Untersuchung“, sagte Staatsanwalt Cyrus Vance. „Mein Dank gilt den mutigen Opfern, die sich gemeldet haben, und den Ermittlern meiner Behörde, die unermüdlich an dieser Untersuchung gearbeitet haben.“Vance bat mögliche weitere Opfer von Weinstein, sich zu melden.
Weinsteins Anwalt beteuerte am Freitag die Unschuld seines Klienten. „Herr Weinstein hat immer gesagt, dass er niemals nicht einvernehmlichen Sex mit jemandem hatte“, wurde Benjamin Brafman in einer Mitteilung zitiert. Nichts an den Vorgängen ändere die Position Weinsteins. „Er ist weiterhin davon überzeugt, in den heute vorgebrachten Anklagepunkten unschuldig zu sein, und ist sicher, dass er komplett entlastet werden wird.“
Mehrere Schauspielerinnen, die Weinstein sexuelle Übergriffe vorgeworfen hatten, kommentierten bereits am Donnerstag die Nachricht von der anstehenden Verhaftung mit Erleichterung. „Heute sind wir der Gerechtigkeit einen Schritt näher gekommen“, schrieb Schauspielerin Rose McGowan auf Instagram. Möge Weinsteins Verhaftung allen Opfern, die ihre Erlebnisse schildern, Hoffnung machen, führte sie aus. Nach der Verhaftung am Freitag schrieb sie: „Wir haben dich, Harvey Weinstein, wir haben dich.“McGowan war vergangenen Herbst eine der ersten Frauen, die Weinstein Vergewaltigung und sexuelle Übergriffe vorwarfen. Die Vorwürfe brachten eine unter den Schlagworten #MeToo und #TimesUp bekannt gewordene Bewegung ins Rollen. Dutzende weitere Frauen erhoben ebenfalls Anschuldigungen, von denen viele bereits verjährt sind.
Mit der Debatte tauchten weitere Vorwürfe wegen sexueller Belästigung und Machtmissbrauchs gegen prominente Filmschaffende auf – unter anderem gegen „House of Cards“-Star Kevin Spacey und Oscarpreisträger Dustin Hoffman. Am Donnerstag wurden Anschuldigungen gegen Oscarpreisträger Morgan Freeman bekannt. Er schrieb in einer Stellungnahme: „Ich entschuldige mich bei jedem, der sich unwohl oder nicht respektiert fühlte – das war nie meine Absicht.“