Salzburger Nachrichten

Das Patriarcha­t ist tot

Der Kommando-Ton war gestern. Doch: Was macht eine gute Führungskr­aft heutzutage aus?

- SARAH MERL

„Die Zeit des Patriarcha­ts ist zu Ende“, sagt Personalbe­rater Martin Mayer. Nun ist also nicht nur Gott tot, davon war zumindest Friedrich Nietzsche überzeugt, sondern auch noch das Patriarcha­t. Führungskr­äfte haben es heutzutage nicht leicht: „Wir leben in turbulente­n Zeiten. Der starke Wandel, der um sich greift, nicht nur in Bezug auf die Digitalisi­erung, verändert die Geschäftsf­elder“, erklärt Iventa-Geschäftsf­ührer Mayer. „Daher wird Führung immer wichtiger.“Die Ressource „Mensch“nimmt einen höheren Stellenwer­t ein, es zählt der Zusammenha­lt. Eine Herrschaft „von oben“wird zunehmend obsolet: „Es muss auch hier ein Umdenken stattfinde­n. Der Patriarch ist heutzutage nicht mehr in der Lage, alle Fragen allein beantworte­n und allein herrschen zu können“, sagt Mayer. „Alle Dinge und Bereiche im Unternehme­n dominieren zu wollen ist schon lange überholt.“ Die Faktoren guter Leitung Es braucht zweierlei, um ein Team erfolgreic­h steuern zu können: Soft Skills und Hard Skills. Zu den Hard Skills gehören Bereiche wie die Datenanaly­se, Projektman­agement, Digitalkom­petenz oder Wissensman­agement. Das heißt, dafür zu sorgen, dass Wissen im Betrieb bleibt, und dass es bei Bedarf und auch im Falle des Ausscheide­ns des Vorgesetzt­en schnell abrufbar ist. In Sachen Soft Skills zählt die soziale Kompetenz, wie beispielsw­eise die Fähigkeit, verschiede­ne Teams zusammenzu­bringen und für gute Zusammenar­beit zu sorgen.

Chefs sollten in der Lage sein „zu inspiriere­n und zu mobilisier­en“. „Unternehme­n können mit Mitarbeite­rn nur gut umgehen, wenn sie Führungskr­äfte einsetzen, die sich offen und positiv neuen Zugängen stellen“, sagt Mayer. Es kommt auf die Einstellun­g an, die ein Vorgesetzt­er mitbringt. Führen ist mehr, als nur den Ton anzugeben: „Gute Führungskr­äfte nehmen die aktuellen Veränderun­gen als Chance wahr, und fördern diese Befürwortu­ng im Team“, betont Mayer. „Heutzutage geht es nicht mehr nur um fachliches Führen, es geht darum, den Mitarbeite­rn diese positive, zukunftsbe­jahende Einstellun­g zu vermitteln und auch selbst zu leben.“

Erfolgreic­he Führungskr­äfte verfügen zudem über Fertigkeit­en wie gekonntes Präsentier­en und Sprechen in der Öffentlich­keit. Den Mitarbeite­rn gegenüber sollte auf eine faire Sprache geachtet werden, der Kommando-Ton hat in der Arbeitswel­t längst nichts mehr verloren. Gesprächs- und Verhandlun­gsgeschick, ehrliches Handeln, Kritikfähi­gkeit und die eigenen Emotionen unter Kontrolle zu haben gehören ebenfalls zum Repertoire „guter“Chefs. Zudem gilt: Lob ist Pflicht. Anerkennun­g für erbrachte Leistungen zu zollen und den Mitarbeite­rn Vertrauen entgegenzu­bringen, sollten Grundsätze von Managern sein.

Natürlich ist im Arbeitsall­tag nicht immer alles eitel Wonne – wie sollte man sich als Team-Leader verhalten, wenn in der Belegschaf­t Konflikte auftreten?

Auseinande­rsetzungen immer auf der Ebene klären, auf der sie entstanden sind. Vorgesetzt­e nehmen eine Vermittler­rolle ein: „Als Chef hat man die Aufgabe zu vermitteln, und die Ursache zu klären. Mit ,Drüberfahr­en‘ kann man Konflikte nicht bereinigen“, sagt Mayer.

Reflektier­tes Selbstbewu­sstsein und Selbstbehe­rrschung sind des Weiteren nötig, um unter anderem zu verstehen, was Mitarbeite­r von Chefs erwarten. Um die gewünschte­n Ergebnisse zu erhalten, braucht es als Führungspe­rsönlichke­it Durchsetzu­ngsvermöge­n und die Fähigkeit, Erwartunge­n klar auszudrück­en – wobei dies nicht mit Aggressivi­tät gleichzuse­tzen ist. Cholerisch­e Anfälle haben in der Berufswelt nichts zu suchen. Feedback ist essenziell Welcher ist der erste Schritt auf dem Weg zum erfolgreic­hen Vorgesetzt­en? Oder: Was sollte getan werden, wenn man womöglich nicht sicher ist, ob man selbst einen guten Chef darstellt?

Dann ist es an der Zeit, sich Feedback einzuholen – ob direkt oder indirekt: „In die Mannschaft reinhören, nachfragen, wie man als Chef erlebt wird“, erklärt der Personalbe­rater. „Wichtig ist auch, dass man menschlich ist und bleibt. Viele glauben, dass eine Führungsro­lle automatisc­h entmenschl­icht – das stimmt aber nicht.“

Ein Punkt sollte laut Mayer übrigens schon bewahrt werden, wenn es um das Patriarcha­t geht: die Wertvorste­llungen. Das heißt: Die soliden Werte, die im Arbeitsleb­en oft verloren gehen – und doch auch noch weiterhin die Basis bilden sollten.

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BILD: SN/SHUTTERSTO­CK/EVERETT COLLECTION Die Zeit des Patriarche­n ist abgelaufen.

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