Mit dem E-Motor durch schroffe Felsen
Eine neue Radroute verbindet die beiden Schutzgebiete Kalkalpen und Gesäuse – speziell für E-Mountainbikes.
Zwei Bundesländer, zwei Nationalparks, viele prächtige Ausblicke auf schroffe Felsen und einladende Almen zum Pausieren, aber auch ruhige Passagen durch die größten Buchenwälder Österreichs – all das vereint eine neue Radroute, die seit dem Vorjahr ausgeschildert ist. Auf der Trans-NationalparkRunde in den Nationalparks Kalkalpen in Oberösterreich und Gesäuse in der Obersteiermark haben wir einige Abschnitte erkundet. Prädikat: sehr empfehlenswert. Das gilt nicht nur für sportlich ambitionierte Mountainbiker. Denn die Route, die zum Beispiel die bisherige Kalkalpentour im Norden sowie im Gesäuse die Buchsteinrunde einschließt, wurde so konzipiert, dass sie mit E-Mountainbikes auch für Einsteiger bewältigbar ist. Dabei wird mit mehreren Radverleihern wie „e-mobility“aus Steyr kooperiert. „Wegen des Kalkgesteins schauen die Berge so hochalpin aus wie 3000er“, sagt Bernie Huber, der Radguide. Der erste Abschnitt gibt davon gleich einen guten Eindruck. Vom Bodinggraben im Talschluss hinter Molln über den Steyrsteg und das Haslersgatter und über das Salzatal hinunter nach Windischgarsten schlängelt sich die Route zwischen Sengsengebirge und Reichraminger Hintergebirge durch.
Schon ein leichter Druck auf die Pedale reicht und die Unterstützung aus dem Akku ist spürbar. Das anfangs ungewohnte Gefühl beim Radeln lernt man rasch zu schätzen, spätestens, wenn es es bergauf geht. An das leichte Surren gewöhnt man sich bald. Die Zusatzkraft lässt sich bei modernen E-Bikes oder E-Mountainbikes in mehreren Stufen einstellen. Wer mit der niedrigsten Stufe auskommt, tut sportlich auch einiges. Schließlich hat Bike-Guide Bernie mit einem Augenzwinkern den Wettbewerb ausgerufen, wer am Ende der Tagesetappe am meisten Stricherl auf dem Akku-Display hat. Das höhere Tempo bergauf hilft auf steinigen Passagen mit Geröll. Man rollt stabiler über die Steine, was auch Kraft spart.
Die erste Etappe endet bei der herrlichen Villa Sonnwend in Roßleithen bei Windischgarsten. Dieses vom Nationalpark betriebene Hotel ist für Radfahrer bestens geeignet. Ein Waschplatz für die Bikes ist ebenso vorhanden wie Schuhtrockner und E-Bikes können natürlich aufgeladen werden. „Es geht nicht nur um Kilometer und Höhenmeter, sondern man soll auch darauf achten, was links und rechts wächst. Dazu sind Beobachtungen von der Birkhahnbalz bis zur Hirschbrunft möglich“, sagt der Wirt in der Villa Sonnwend. Je nach Jahreszeit, aber recht hat er. Franz Sieghartsleitner vom Nationalparkzentrum Molln kommt richtig ins Schwärmen, wenn er von „seinem“Schutzgebiet erzählt, von den durch die UNESCO zum Weltnaturerbe ernannten Rotbuchenwäldern und dem Kalkgebirge, das auch vier Steinadler-Brutpaare und mehrere Luchse beherbergt.
Wir wechseln am nächsten Tag in die Steiermark. Im Gesäuse – sprich „Xeis“– sind die Berge deutlich höher und ungleich schroffer. Spektakulär ist schon die Schlucht, durch die sich die Enns ihren Weg nach Hieflau bahnt, um dort nach Norden Richtung Oberösterreich zu strömen. Wir strampeln zur Hochscheibenalm, die mehr als 700 Höhenmeter mit durchschnittlich 15 Prozent Steigung sind dank der über Nacht aufgeladenen Akkus kein Problem. Ob mit einem normalen oder E-Mountainbike – der wunderbare Ausblick auf das Hochtor und die Planspitze erfreut wohl alle Radler gleich. Auf dem Weg ins Tal legen wir auf der Kroissnalm eine Pause ein. Gerti, die gestandene Almwirtin, bittet zur Jause. Unbedingt probiert gehört der Steirerkas. Nie gehört? Das ist ein krümeliger Magerkäse mit intensivem Blauschimmelgeschmack – etwas gewöhnungsbedürftig vielleicht, aber mit einem kräftigen Schwarzbrot gehört diese Spezialität genauso zur Alm wie das Bier aus der Naturkühlung beim Brunnen. Nach der Abfahrt zum Gstatterboden lohnt sich ein Halt beim Weidendom, einem Informationszentrum des Nationalparks. Weiter geht es auf die Lohnsbacher Almenrunde über diesem Bergsteigerdorf, dort liegt unter anderem die mit rund 900 Jahren älteste Alm der Steiermark. Unten im Dorf erzählt der Chef des Kölblwirts, wie wichtig der Nationalpark für die Region ist. Am Abend im Gasthof Hensle in St. Gallen in der Obersteiermark erfahren wir, dass die heutige Etappe ein Teil der Buchsteinrunde war. Die Radroute hat Seniorchef Paul Guttmann erfunden und zum Teil selbst finanziert, wie David Osebik vom Nationalpark Gesäuse stolz erzählt. Auch dieser Abschnitt gehört nun zur Trans-Nationalpark-Runde.
Gemütlich geht die Erkundung zu Ende. In Unterlaussa gibt das kleine Museum Knappenhaus einen guten Einblick in die schwere Arbeit der Bergleute früher. Es geht auf die Mooshöhe und schwungvoll über den Hintergebirgsradweg Richtung Reichraming. Die Einkehr in der Klaushütte der Bundesforste, 1758 erbaut, lohnt sich.
Das war’s leider schon mit der Schnupperrunde. Die Trans-Nationalpark-Route bietet mehrere Einstiegsmöglichkeiten in beiden Regionen. Natürlich kann man sich einfach einzelne Abschnitte nach Belieben herauspicken. Wer die ganze Tour mit rund 460 Kilometern und 11.500 Höhenmetern fahren will, soll grundsätzlich gegen den Uhrzeigersinn fahren – da sind die Steigungen sanfter und die Runde sei so am beeindruckendsten, versichern die Initiatoren.