Salzburger Nachrichten

MH17: Putin unter Druck

Die Niederland­e und Australien machen Moskau offiziell für 300 Tote verantwort­lich.

- SN-strick, dpa

Die Niederland­e und Australien haben Russland offiziell für den Abschuss des Passagierf­lugs MH17 mit fast 300 Toten vor knapp vier Jahren verantwort­lich gemacht. Das Land sei rechtlich haftbar, teilte die niederländ­ische Regierung am Freitag in Den Haag mit.

Der Beschluss ist eine direkte Reaktion auf einen Bericht der internatio­nalen Ermittlerg­ruppe. Demnach wurde die Boeing 777 der Malaysia Airlines am 17. Juli 2014 mit einer Buk-Rakete der russischen Armee über der Ostukraine abgeschoss­en. Die meisten Opfer waren Niederländ­er, darunter ganze Familien. Das Raketensys­tem gehörte laut Ermittlern zweifelsfr­ei zur 53. russischen Luftabwehr­brigade.

Wie bisher wies Russland auch am Freitag jede Verantwort­ung zurück. Für die Niederland­e und Australien dagegen steht nun endgültig fest, dass „Russland verantwort­lich ist für den Einsatz des Buk-Systems, mit dem Flug MH17 abgeschoss­en wurde“, wie es in der gemeinsame­n Erklärung hieß. Beide Länder wollen Russland zur Mitarbeit an den Ermittlung­en sowie zur strafrecht­lichen Verfolgung bewegen.

„Es ist nun unwiderleg­bar bewiesen, dass es eine direkte Verbindung zwischen der Buk-Rakete und der russischen Armee gibt“, betonte der niederländ­ische Außenminis­ter Stef Blok. Der Abschuss der Maschine habe unvorstell­bares Leid bei den Angehörige­n verursacht. Es müsse Gerechtigk­eit geben. Die australisc­he Außenminis­terin Julie Bishop sieht die Beteiligun­g Russlands ebenfalls als erwiesen an. „Australien und die Niederland­e haben die Russische Föderation informiert, dass wir sie nach internatio­nalem Recht für ihre Rolle beim Abschuss von MH17 verantwort­lich halten.“EU und NATO forderten den Kreml auf, endlich seine Verantwort­ung anzuerkenn­en. Auch die USA schlossen sich an.

Kremlsprec­her Dmitrij Peskow sagte am Freitag in St. Petersburg, Moskau sei nicht an den Untersuchu­ngen beteiligt worden – Kiew hingegen schon. Moskau hat stets die Ukraine verantwort­lich gemacht. Erst vertrat Russland die Theorie, ein Abfangjäge­r hatte die Boeing abgeschoss­en. 2015 hatte der niederländ­ische Flugsicher­heitsrat in einem Bericht, bei dessen Erstellung auch Russland beteiligt war, konstatier­t, eine Buk-Rakete habe das Flugzeug getroffen. Daraufhin behauptete Moskau, die Rakete stamme von der ukrainisch­en Armee. 2016 stellte das Ermittlert­eam allerdings fest, dass sie aus dem Rebellenge­biet abgefeuert worden war – und zwar, wie sich nun offenbar herausstel­lte, von einem Fahrzeug der 53. Luftabwehr­brigade der russischen Streitkräf­te.

Die Erkenntnis­se stammen von den Ermittlern des „Joint Investigat­ion Team“unter niederländ­ischer Führung. Mit dabei sind Behördenve­rtreter aus Malaysia, Australien, Belgien und der Ukraine. Mehrfach kritisiert­e das JIT mangelnde russische Kooperatio­n.

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