Josef Cap und die drei Fehler der SPÖ
Der ehemalige Polit-Jungstar legt seine Erinnerungen vor.
WIEN. Wer Josef Cap als Kampfredner im Parlament in Erinnerung hat, wird die Erinnerungen, die der 66-Jährige nun in Buchform vorgelegt hat, mit Erstaunen lesen. Weitgehend emotionslos schildert der langjährige SPÖ-Spitzenpolitiker die Stationen seiner Karriere. Selbst Karl-Heinz Grasser und Wolfgang Schüssel – Caps liebste Angriffsziele in seiner aktiven Zeit – kommen in dem Buch fast ungeschoren davon. Ein Fall von Altersmilde?
Bei der Wahl im Vorjahr war Cap am Wiedereinzug in den Nationalrat gescheitert, da die SPÖ ihrem früheren Zentralsekretär und Klubobmann keinen sicheren Listenplatz mehr zugestanden hatte. Kritik an seiner Partei übt Cap aber nur zwischen den Zeilen. Dabei nennt er drei Fehler, die für den derzeitigen prekären Zustand seiner Partei verantwortlich seien. Erstens: dass sie zu Be- ginn der 80er-Jahre die sich gerade formierende Grün-Bewegung nicht in die SPÖ integriert, sondern das Entstehen einer neuen linken Partei geduldet habe. Zweitens: dass sie sich – vor allem zur Zeit von Viktor Klima – zu stark vom wirtschaftsfreundlichen Kurs Tony Blairs und Gerhard Schröders habe beeinflussen lassen. Und drittens: dass sie die Brisanz des Ausländerthemas unterschätzt und keine Strategie ge- gen die Massenmigration entwickelt habe. In diesem Zusammenhang bezeichnet es Cap als Fehler des damaligen SPÖ-Kanzlers Werner Faymann, den ungarischen Premier Viktor Orbán zu attackieren, statt mit ihm ein Abkommen über Grenzkontrollen zu schließen.
Dem jetzigen Bundeskanzler Sebastian Kurz attestiert Cap, sich geschickt, aber fälschlicherweise als „Retter des Abendlandes“vor der Völkerwanderung inszeniert zu haben. Als Politiker mit mehr als 40 Jahren Berufserfahrung prophezeit er dem ÖVP-Kanzler, dieser werde bald dasselbe Problem haben wie er, Cap, bei seinem triumphalen Einzug in den Nationalrat mittels Vorzugsstimmenkampagne im Jahr 1983: als Projektionsfläche für mannigfache Erwartungen zu dienen, die aber kaum zu erfüllen seien, was zwangsläufig Enttäuschungen schaffe.