Die deutsche Zeitgeschichte wird inspiziert: F. C. Delius spiegelt die Bundesrepublik literarisch
Die erste deutsche Demonstration gegen den Vietnamkrieg zählte etwa 1500 Teilnehmer. Unter ihnen war Friedrich Christian Delius. Am 5. Februar 1966 demonstrierte er in Westberlin auf diese Weise gegen die Schutzmacht USA. F. C. Delius nennt sich selbst deshalb einen „66er“. Denn schon in jenem Jahr begann die Zeit des Aufbruchs, die später als Studentenbewegung oder als Bewegung von 1968 beschrieben wurde. F. C. Delius, 1943 in Rom geboren, hat in den 1970er-Jahren als Lektor im Verlag Klaus Wagenbach und im Rotbuch Verlag gearbeitet. Seit 1978 ist er als freier Schriftsteller tätig. Als Autor hat Delius mit dokumentarischen, meist stark satirischen Texten begonnen („Unsere Siemens-Welt“, 1972). Im Lauf der Jahre wurde er zum genauen Beobachter der Zeitgeschichte, dessen Bücher die Entwicklung der Bundesrepublik literarisch spiegelten – von den frühen 50er-Jahren („Der Sonntag, an dem ich Weltmeister wurde“, 1994) über die Terrorjahre in den Siebzigern („Mogadischu Fensterplatz“, 1987) bis zur deutschen Wiedervereinigung („Die Birnen von Ribbeck“, 1991). Dafür wurde Delius 2011 mit dem Georg-Büchner-Preis, dem bedeutendsten Literaturpreis im deutschen Sprachraum, geehrt. Auf die Zeit der Studentenbewegung und der Proteste gegen den Vietnamkrieg hat Delius häufig geblickt. Etwa mit der Erzählung „Amerikahaus oder der Tanz um die Frauen“(1997) und nun mit seinem neuen Buch „Die Zukunft der Schönheit“(Rowohlt, Berlin 2018), aus dem der Autor beim Salzburger Literaturfest gelesen hat.