Der Kampf um jeden Leser
Es wird schon lang totgesagt. Und doch verkauft sich das Buch nicht schlecht. Kleine Buchhändler rettet das noch nicht. OnlineRiesen nehmen ihnen mehr weg als nur Leser.
SALZBURG. Jetzt sperrt auch die Dombuchhandlung zu. Nach Alpenverlag, Mora und Hintermayer ist damit eine weitere Buchhandlung in der Salzburger Innenstadt mit Jahresende Geschichte. Trotz persönlichen Einsatzes der Mitarbeiter, Verkleinerung der Verkaufsfläche und Personalreduktion habe man die anhaltenden Verluste nicht in den Griff bekommen, teilte die Erzdiözese als einer der Miteigentümer vergangenen Mittwoch mit.
Ein Sonderfall zwar, weil die Buchhandlung neben Literatur vor allem auf Sachbücher und religiöse Themen gesetzt habe, meint Klaus Seufer-Wasserthal, Obmann des Salzburger Buchhandels und Chef der Rupertus Buchhandlung, und doch symptomatisch für die Branche. „Es wird nicht der letzte kleine Buchhändler sein, der aufgeben muss“, sagt der Branchensprecher. Denn Buchhändler stünden massiv unter Druck. Dabei sind die reinen Verkaufszahlen gar nicht schlecht.
Knapp über eine Milliarde Euro habe der Einzelhandel mit Büchern und Schreibwaren im Vorjahr brutto umgesetzt, sagt Ernst Gittenberger von der KMU Forschung Austria. Ein leichtes Minus von 0,7 Prozent im Vergleich zum Jahr 2016, in dem man allerdings um ein Prozent zulegen konnte. Auch in den Jahren davor ging es teils leicht bergab, manchmal etwas bergauf.
„Einen massiven Einbruch hat es nie gegeben“, betont auch Teresa Preis vom Hauptverband des Buchhandels. 350 reine Buchhandlungen gibt es derzeit österreichweit, Buchhandelslizenzen haben freilich auch Schreibwarengeschäfte und andere Händler.
„Kommen aber leicht sinkende Umsätze auf stark steigende Kosten, ist das eine Mischung, die gerade kleine Händler leicht in den Ruin treibt“, sagt Seufer-Wasserthal. Die Personalkosten seien klar gestiegen, auch weil man im Kampf gegen die Online-Giganten als stationärer Handel qualifiziertes Personal für die Beratung brauche. Die Mietkosten gehen steil nach oben. „Wer nicht Souvenirs in Masse verkauft oder als großer Konzern die Getreidegasse als Auslage betrachtet, kann sich in der Salzburger Innenstadt keine neue Miete mehr leisten.“Und nicht zuletzt sinken die Margen der Buchhändler.
Bei Büchern ist zwar der Buchpreis fix, welche Konditionen ein Verlag dem Händler bietet, ist dadurch aber keineswegs geregelt. „Gerade Giganten wie Amazon verlangen da natürlich deutliche Nachlässe, die kleinere Händler niemals bekommen.“Die Situation der Verlage kann Seufer-Wasserthal dabei durchaus nachvollziehen. „Jeder Verlag macht heute mehr als die Hälfte seines Umsatzes mit Amazon, da Nein zu sagen ist schwer.“Versuche einzelner Verlage habe es gegeben, die seien aber keine zwei Wochen durchgehalten worden.
„Der Wareneinsatz im Buchhandel ist immens hoch“, sagt auch Bernhard Helminger, der erst vor einem Jahr die Buchhandlung Stierle in der Salzburger Innenstadt übernommen hat. Von zehn Euro, die er (ohne zehnprozentige Mehrwertsteuer) für ein Buch bekomme, blieben ihm nur drei. „Davon soll ich Miete, Mitarbeiter und Betriebskosten zahlen.“Er habe gehofft, nach der Übernahme bei manchen Verlagen bessere Konditionen heraushandeln zu können. „Das Gegenteil war der Fall, manche haben mir die Marge auf 15 Prozent zusammengestrichen.“Sein Buchhandel allein sei nicht überlebensfähig, die Existenz sichere sein zweites Standbein, einst ein Verlag für Stadtführer, Postkarten und Bildbände, der mittlerweile großteils ein Souvenirgroßhandel sei. Produzieren lässt Helminger Kühlschrankmagneten und Schirme in Fernost. Beim Verkauf der Souvenirs sei das Verhältnis übrigens umgekehrt: Da blieben ihm von zehn Euro Verkaufspreis sieben Euro übrig. Warum er dann Bücher verkauft? „Eine Herzensangelegenheit, andere gehen fischen, ich stehe im Buchgeschäft.“
Dass kleine Buchhändler aufgäben, sei eine Entwicklung, die man in Deutschland seit Jahren beobachte, sagt Seufer-Wasserthal. Dass Österreich hier bisher anders war, hat einen Grund: Schulbücher. In Österreich sei es Usus, dass Schulen in nahe liegenden Buchhandlungen ihre Bücher bezögen. „Gerade am Land ist das für viele Buchhandlungen ein fixes Grundgeschäft, das ein Überleben möglich macht.“Wo sie Bücher kaufen, können Schulen selbst entscheiden.
Dass sie das dürfen – und nicht etwa ein Zentraleinkauf alles abwickelt –, ist im Schulbuchvertrag des Bundes geregelt. Der laufe gerade aus, für das Schuljahr 2019/20 gebe es noch keine Regelung, sagt Seufer-Wasserthal. Für den Buchhandel ist das ein heißes Thema, denn nicht nur ein zentraler Einkauf, auch eine Umstellung auf digitalisierte Medien würde die Buchhändler wohl außen vor lassen. Und noch eine weitere Entwicklung macht dem Buchhandel Sorgen: Anders als die Umsätze in der Branche sinkt die Zahl der Leser sehr wohl. Wie eine Studie des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zeigte, kaufen weniger Kunden Bücher, die kaufen dafür mehr und teurere Bücher. Und: Es sind selten junge Käufer.
„Es wird nicht der letzte Buchhändler gewesen sein, der aufgeben muss.“Klaus Seufer-Wasserthal, Obmann