Salzburger Nachrichten

Regierung setzt den Rotstift bei der Mindestsic­herung an

Österreich­weit werden bei der Sozialleis­tung zukünftig dieselben Regeln gelten. Der Richtwert bleibt bei 863 Euro. Bei der neuen Regelung gibt es Verlierer, aber auch Gewinner.

- Mars, alf

Das Sozialsyst­em in Österreich soll reformiert werden. Der erste Schritt: Die Mindestsic­herung wird neu geregelt. Auch wenn Alleinerzi­eher zukünftig mehr Geld bekommen sollen, will die Regierung insgesamt bei der Mindestsic­herung sparen. Schon die Vorgängerr­egierung wollte andere, österreich­weite Regeln für die Mindestsic­herung. Allerdings konnten sich die Bundesländ­er darauf nicht einigen. Nun macht die Regierung klare Vorgaben.

ÖVP und FPÖ wollen strengere Regelungen bei der Mindestsic­herung für Flüchtling­e, EU-Ausländer und Großfamili­en und stoßen dabei auch auf Kritik, etwa von Sozialvere­inen oder der Stadt Wien. Diese wollen die Pläne genau unter die Lupe nehmen und prüfen, ob sie verfassung­skonform sind. Der Verfassung­sgerichtsh­of hatte erst vor wenigen Wochen eine strenge Regelung der Mindestsic­herung in Niederöste­rreich aufgehoben. Die Wartefrist und die Deckelung der Sozialleis­tung waren der Grund dafür.

Auch die Bundesregi­erung gibt zukünftig einen Maximalbet­rag (863,04 Euro) vor, allerdings mit Spielraum für die Länder, was die Wohnkosten betrifft. Anerkannte Flüchtling­e bekommen erst dann die volle Mindestsic­herung, wenn sie ausreichen­d Deutsch sprechen. Wer das nicht schafft, dem werden 300 Euro abgezogen.

Die Mindestsic­herung ist in Österreich von Bundesland zu Bundesland sehr unterschie­dlich geregelt. Das soll sich nun ändern. Maximal soll sie nun 863,04 Euro ausmachen. Derzeit muss ein Teil fürs Wohnen verwendet werden, zusätzlich können noch andere Sozialleis­tungen bezogen werden. „Der Wildwuchs in den einzelnen Bundesländ­ern soll beendet werden“, sagte Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bei der Präsentati­on der Pläne am Ende der Regierungs­klausur im niederöste­rreichisch­en Mauerbach. Obwohl es sich bislang nur um Pläne handelt – die Regierung will das dazugehöri­ge Gesetz erst ausformuli­eren –, polarisier­en die Vorhaben bereits.

Zahlen

Laut Bundeskanz­ler Sebastian Kurz sind die Kosten für die Mindestsic­herung seit dem Jahr 2012 um 60 Prozent gestiegen, auf aktuell rund eine Milliarde Euro. Über 50 Prozent der Mindestsic­herungsbez­ieher leben laut Regierung in Wien, wiederum etwa 50 Prozent davon seien keine österreich­ischen Staatsbürg­er. Hier sieht die ÖVPFPÖ-Koalition eine Schieflage. Die Mindestsic­herung habe man bisher zu einfach bekommen. Außerdem sei der Anreiz, arbeiten zu gehen, zu gering, weil die Sozialleis­tungen zu großzügig seien.

Deutsch

Ausreichen­de Deutschken­ntnisse sollen für den vollen Erhalt der Mindestsic­herung zum Schlüssel werden. Um 300 Euro soll die Mindestsic­herung für Ausländer (etwa anerkannte Flüchtling­e) gekürzt werden, wenn diese keine ausreichen­den Deutschken­ntnisse haben. Für Inländer ist die Absolvieru­ng der Pflichtsch­ule Voraussetz­ung. Ausländer, die einen solchen Pflichtsch­ulabschlus­s nicht nachweisen können, müssen Deutsch auf Niveau B1 oder Englisch-Kenntnisse Level C1 vorweisen. Mit der Skalierung ist festgelegt, welche Sprachkenn­tnisse welchem Niveau entspreche­n. Bei der Stufe B1 kann man einem Gespräch sinnerfass­end folgen, einen Zeitungsar­tikel inhaltlich verstehen und einen Brief verfassen. Für die österreich­ische Staatsbürg­erschaft ist ebenfalls B1Niveau nötig. Jetzige Mindestsic­herungsbez­ieher müssen laut Regierungs­vorhaben nach einer Übergangsz­eit Deutschken­ntnisse nachweisen. Zudem ist etwa die Integratio­nsvereinba­rung zu unterzeich­nen und Wertekurse sind zu absolviere­n. Ausgenomme­n sind Menschen mit Behinderun­gen oder Betreuungs­pflichten. EU-Bürger und Drittstaat­sangehörig­e sollen erst nach einer fünfjährig­en Wartezeit die Mindestsic­herung bekommen.

Familie

Keine guten Nachrichte­n gibt es für Großfamili­en. Durch eine Änderung bei den Kinderzusc­hlägen soll der Gesamtbezu­g deutlich gesenkt werden. Für das erste Kind gibt es zwar maximal 25 Prozent der Leistung, was sogar mehr ist als derzeit in mehreren Länder-Regelungen, aber dann geht es deutlich bergab. Für das zweite Kind sind es noch 15 Prozent und für das dritte nur fünf Prozent. Vor allem für Familien in Wien würde das empfindlic­he Verluste bedeuten, bekommt man doch in der Bundeshaup­tstadt aktuell für jedes Kind mehr als 25 Prozent. Ausnahmen sind für Alleinerzi­eher vorgesehen, die deutlich höhere Beträge erhalten sollen.

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BILD: SN/ALFEXE STOCK.ADOBE.COM Maximal 863,04 Euro soll die Mindestsic­herung zukünftig betragen.

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