Griechenland zählt wieder mehr Ankünfte
Am Westbalkan suchen Migranten neue Wege Richtung EU. Ein Blick auf die nüchternen Zahlen zeigt: Grund zur Panik ist das nicht.
Besonders auf dem griechischen Festland kommen derzeit wieder mehr Migranten und Flüchtlinge an. Die Zahlen bleiben laut UNHCR aber auf einem moderaten Niveau.
Österreichs Regierung will eine Situation wie 2015 verhindern, „als über eine Million Flüchtlinge unbegrenzt nach Mitteleuropa strömten“. Tatsächlich sind wir von einer solchen Situation derzeit weit entfernt, wie aktuelle Zahlen von der Balkanroute zeigen.
Selbst im Jahr 2015 sind keine Million Flüchtlinge und Migranten in Griechenland angekommen, sondern 857.363, wie aus Daten der Internationalen Organisation für Migration (IOM) hervorgeht. 2016 kamen noch 176.906 Menschen in Griechenland an, vergangenes Jahr 35.052. Ein Wert, der unter jenem von 2014 (damals waren es 43.500) liegt. Die Zahl der Ankünfte ist mittlerweile also niedriger als vor Beginn der Flüchtlingskrise von 2015.
Warum also die Aufregung? In Griechenland kamen im ersten Quartal dieses Jahres deutlich mehr Flüchtlinge und Migranten an als im Vergleichszeitraum des Vorjahres: In den ersten drei Monaten 2017 waren es 4407, in den ersten drei Monaten 2018 7343, eine Zunahme von rund 67 Prozent.
Viel stärker als die Ankünfte auf den griechischen Inseln sind dabei jene auf dem Festland gestiegen, von 439 im ersten Quartal 2017 auf 2145 im selben Zeitraum 2018. Wobei Ankünfte auf dem „Landweg“in diesem Fall nicht ganz zutreffend ist: Die meisten Menschen, die nicht per Boot auf die griechischen Inseln übersetzen, erreichen das Festland durch den Fluss Evros, der auf fast 200 Kilometern die Grenze zwischen der Türkei und Griechenland bildet.
Die Ankünfte über den Evros sind auch nach Ende des ersten Quartals zunächst weiter gestiegen: Im März wurden 1658 Menschen aufgegriffen, im April waren es 3986. Im Mai sind die Zahlen aber wieder rückläufig, in den ersten beiden Wochen wurden 660 Aufgriffe gemeldet. Ähnliche Schwankungen gibt es bei der Gesamtzahl der Ankünfte in Griechenland: Laut IOM kamen in der vergangenen Woche 436 Menschen an und damit um 36% weniger als in der Vorwoche.
Insgesamt seien die Zahlen heuer auf moderatem Niveau, heißt es aus dem Wiener Büro des UNO-Flüchtlingshilfswerks UNHCR. Die meisten Flüchtlinge, die in Griechenland ankommen, blieben zudem dort. Wer Richtung Mitteleuropa weiterzieht, wählt laut einem UNHCR-Bericht derzeit oft neue Wege. Demnach suchten Flüchtlinge und Migranten „aufgrund der verschärften, restriktiven Situation in Ungarn“alternative Routen, die vor allem über Albanien, Montenegro und Bosnien-Herzegowina in die EU-Länder Kroatien und Slowenien führen.
Die Zahlen zeigen aber auch hier, dass die Verschiebung nicht vergleichbar ist mit den Ereignissen 2015: Im ersten Quartal 2018 wurden in Albanien zwar so viele irreguläre Grenzüberschreitungen gezählt, wie in den beiden Vorjahren insgesamt. Es waren aber nur 759.
Bosnien-Herzegowina braucht zwar bei der Versorgung der ankommenden Flüchtlinge und Migranten Unterstützung, zahlenmäßig sind die Ankünfte mit derzeit 4400 aber überschaubar.
Die größte Gruppe der Einwanderer nach Europa stellen immer noch Syrer. In diesem Jahr machten sie laut UNHCR 18,6 Prozent unter allen Nationalitäten aus (Stand vom 30. April). Auch in den Transitländern auf dem Westbalkan sind die meisten Aufgegriffenen Syrer. Albanien etwa zählte in den ersten drei Monaten des Jahres 388 Syrer, danach folgen Pakistaner (82 Personen) und Algerier (62 Personen).