Salzburger Nachrichten

Griechenla­nd zählt wieder mehr Ankünfte

Am Westbalkan suchen Migranten neue Wege Richtung EU. Ein Blick auf die nüchternen Zahlen zeigt: Grund zur Panik ist das nicht.

- STEPHANIE PACK-HOMOLKA

Besonders auf dem griechisch­en Festland kommen derzeit wieder mehr Migranten und Flüchtling­e an. Die Zahlen bleiben laut UNHCR aber auf einem moderaten Niveau.

Österreich­s Regierung will eine Situation wie 2015 verhindern, „als über eine Million Flüchtling­e unbegrenzt nach Mitteleuro­pa strömten“. Tatsächlic­h sind wir von einer solchen Situation derzeit weit entfernt, wie aktuelle Zahlen von der Balkanrout­e zeigen.

Selbst im Jahr 2015 sind keine Million Flüchtling­e und Migranten in Griechenla­nd angekommen, sondern 857.363, wie aus Daten der Internatio­nalen Organisati­on für Migration (IOM) hervorgeht. 2016 kamen noch 176.906 Menschen in Griechenla­nd an, vergangene­s Jahr 35.052. Ein Wert, der unter jenem von 2014 (damals waren es 43.500) liegt. Die Zahl der Ankünfte ist mittlerwei­le also niedriger als vor Beginn der Flüchtling­skrise von 2015.

Warum also die Aufregung? In Griechenla­nd kamen im ersten Quartal dieses Jahres deutlich mehr Flüchtling­e und Migranten an als im Vergleichs­zeitraum des Vorjahres: In den ersten drei Monaten 2017 waren es 4407, in den ersten drei Monaten 2018 7343, eine Zunahme von rund 67 Prozent.

Viel stärker als die Ankünfte auf den griechisch­en Inseln sind dabei jene auf dem Festland gestiegen, von 439 im ersten Quartal 2017 auf 2145 im selben Zeitraum 2018. Wobei Ankünfte auf dem „Landweg“in diesem Fall nicht ganz zutreffend ist: Die meisten Menschen, die nicht per Boot auf die griechisch­en Inseln übersetzen, erreichen das Festland durch den Fluss Evros, der auf fast 200 Kilometern die Grenze zwischen der Türkei und Griechenla­nd bildet.

Die Ankünfte über den Evros sind auch nach Ende des ersten Quartals zunächst weiter gestiegen: Im März wurden 1658 Menschen aufgegriff­en, im April waren es 3986. Im Mai sind die Zahlen aber wieder rückläufig, in den ersten beiden Wochen wurden 660 Aufgriffe gemeldet. Ähnliche Schwankung­en gibt es bei der Gesamtzahl der Ankünfte in Griechenla­nd: Laut IOM kamen in der vergangene­n Woche 436 Menschen an und damit um 36% weniger als in der Vorwoche.

Insgesamt seien die Zahlen heuer auf moderatem Niveau, heißt es aus dem Wiener Büro des UNO-Flüchtling­shilfswerk­s UNHCR. Die meisten Flüchtling­e, die in Griechenla­nd ankommen, blieben zudem dort. Wer Richtung Mitteleuro­pa weiterzieh­t, wählt laut einem UNHCR-Bericht derzeit oft neue Wege. Demnach suchten Flüchtling­e und Migranten „aufgrund der verschärft­en, restriktiv­en Situation in Ungarn“alternativ­e Routen, die vor allem über Albanien, Montenegro und Bosnien-Herzegowin­a in die EU-Länder Kroatien und Slowenien führen.

Die Zahlen zeigen aber auch hier, dass die Verschiebu­ng nicht vergleichb­ar ist mit den Ereignisse­n 2015: Im ersten Quartal 2018 wurden in Albanien zwar so viele irreguläre Grenzübers­chreitunge­n gezählt, wie in den beiden Vorjahren insgesamt. Es waren aber nur 759.

Bosnien-Herzegowin­a braucht zwar bei der Versorgung der ankommende­n Flüchtling­e und Migranten Unterstütz­ung, zahlenmäßi­g sind die Ankünfte mit derzeit 4400 aber überschaub­ar.

Die größte Gruppe der Einwandere­r nach Europa stellen immer noch Syrer. In diesem Jahr machten sie laut UNHCR 18,6 Prozent unter allen Nationalit­äten aus (Stand vom 30. April). Auch in den Transitlän­dern auf dem Westbalkan sind die meisten Aufgegriff­enen Syrer. Albanien etwa zählte in den ersten drei Monaten des Jahres 388 Syrer, danach folgen Pakistaner (82 Personen) und Algerier (62 Personen).

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BILD: SN/AP Rund 4400 Flüchtling­e sind wie diese Frau in Bosnien angekommen.

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